Warum Betrunkene oft Heißhunger haben

Nach dem Rausch folgt der große Hunger: Betrunkene essen bekanntlich gerne deftig und gerne viel. Neurobiologen wissen nun, warum das so ist - schuld daran ist ein Notsignal im Gehirn.

Während die österreichische Mundart sämtliche Nuancen des Rausches zu beschreiben weiß (von „Damenspitz“ bis „vollfett“), ist sie interessanterweise arm an Begriffen für den sich infolge übermäßigen Alkoholkonsums einstellenden Heißhunger.

Hier eilt das Englische mit Vokabular zu Hilfe: „Drunchies“, abgeleitet von „Drunk Munchies“, heißt der alkoholinduzierte Gusto auf Fettes und Deftiges im angelsächsischen Sprachraum.

Paradoxe Hungerattacke

Wer den Begriff in eine Suchmaschine eingibt, findet reichlich Anschauungsmaterial (eine Kompilation gibt es etwa hier) - doch so bekannt das Phänomen auch sein mag, eigentlich ist es paradox: Denn Alkohol ist sehr kalorienreich - was die Energiedichte anlangt, wird er nur von den Fetten übertroffen. So gesehen sollten Bier, Wein und Schnaps eher satt machen anstatt Heißhunger auszulösen - was sie, zumindest im Übermaß genossen, nicht tun.

Bisher wiesen Mediziner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Trunkenheit eben auch die Selbstkontrolle außer Kraft setzt und somit die Schleusen für den Exzess nach dem Exzess öffnet. Das mag stimmen, schreiben Forscher um Denis Burdakov im Fachblatt „Nature Communications“, doch als Erklärung greife das zu kurz.

Hunger-Neuronen reagieren auf Alkohol

Der Hirnforscher vom Londoner Francis Crick Institute hat Labormäusen Alkohol verabreicht - und zwar genau in jenen Zeitabständen und Dosen, die einem durchzechten Wochenende entsprechen würden (so Mäuse Wochenenden hätten). Fazit der Versuche: Die betrunkenen Mäuse fraßen deutlich mehr als die nüchternen aus der Vergleichsgruppe. Damit einher ging auch eine Aktivität von Nervenzellen im Hypothalamus.

Diese Agrp-Neuronen sind bereits aus anderen Experimenten bekannt. Sie steuern den Appetit und werden normalerweise dann aktiv, wenn der Blutzucker fällt bzw. der Magen leer ist. Wie Burdakov nachweist, werden die Agrp-Zellen auch durch die Anwesenheit von Alkohol angeregt, offenbar unabhängig davon, ob die Kalorienbilanz noch Reserven aufweist oder nicht. Das gilt zwar streng genommen nur für Mäuse, die Forscher vermuten allerdings, dass sich Ähnliches auch im Gehirn (menschlicher) Betrunkener abspielt.

Robert Czepel, science.ORF.at

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