Medizinunis blockieren Erleichterungen

Sie sind gut ausgebildet und wollen möglichst schnell wieder arbeiten: Dennoch dauert es oft Jahre, bis geflüchtete Ärzte und Ärztinnen alle Überprüfungen durchlaufen haben. Bemühungen, das zu beschleunigen, scheitern an den Medizinunis.

Zwei Punkte standen im Sommer auf der Agenda von Roland Paukner, der sich seitens des Gesundheitsministeriums um eine Verbesserung der Situation geflüchteter Ärzte und Ärztinnen bemüht: In Krankenhäusern sollen sie dieselben Tätigkeiten ausführen dürfen wie österreichische Studierende im Rahmen einer Famulatur. Und die Nostrifizierungsprüfungen, mit denen die medizinische Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen aus Ländern außerhalb der EU überprüft werden, sollen auch auf Englisch möglich sein - mehr dazu in science.ORF.at.

Kleine Handgriffe in Krankenhäusern

Das Vorhaben mit der Famulatur wurde umgesetzt: Dem Parlament liegt eine Novelle des Ärztegesetzes (PDF) vor, laut der Flüchtlinge mit abgeschlossenem Medizinstudium in Krankenhäusern kleine medizinische Handgriffe machen dürfen - Blutdruck messen, abhören, Spritzen verabreichen beispielsweise. Das sei „befriedigender als der Zustand jetzt, wo sie im Prinzip nur zuschauen dürfen, aber befriedigend ist das vor allem für jene sicher nicht, die schon in ihren Herkunftsländern in Leitungsfunktionen tätig waren“, so Paukner.

Ö1-Sendungshinweis

Über dieses Thema berichtete auch das Mittagsjournal am 12.1.2017.

Die Beschleunigung der Nostrifizierung, indem Ärzte und Ärztinnen aus Drittstaaten Prüfungen in Englisch ablegen dürfen und gleichzeitig Deutsch lernen, scheitert aber an den Medizinischen Universitäten. Kardiologin Anahit Anvari, an Österreichs größer Medizinuni in Wien zuständig für Nostrifizierungen, begründet das mit der Vorgabe, dass die Gleichwertigkeit des Studiums überprüft werden muss: „Das kann nicht in jeder beliebigen Sprache durchgeführt werden, sondern nur in der Sprache des Studiums, und das ist in Österreich Deutsch.“

Argument Patientensicherheit

Dass gute Englischkenntnisse auch an der Medizinuni Wien zum Standard gehören und Lehrveranstaltungen in Englisch abgehalten werden, ist für sie kein Argument. Auch die Zeitersparnis sieht sie nicht: „Es würde versucht werden, die Kenntnisse in Englisch zu intensivieren, und dabei geht wertvolle Zeit verloren, die für die deutsche Variante verwendet werden könnte.“ Natürlich sei es wünschenswert, dass die Qualifikation der Kolleginnen und Kollegen sehr rasch genützt wird und diese Qualifikationen nicht lange brachliegen, so Anvari: „Aber wir dürfen gewisse Kriterien nicht außer Acht lassen. Und das oberste Kriterium ist hier für mich die Patientensicherheit.“

Die Patientensicherheit, die - daran zweifelt niemand - nur bei entsprechenden Deutschkenntnissen gegeben ist, wird aber nach der Nostrifikation noch einmal durch die Ärztekammer überprüft. Ohne detaillierte Deutschprüfung, deren Rahmenbedingungen in einer Verordnung (PDF) festgelegt sind und die von einer Kommission aus Arzt, Facharzt und Sprachexperten abgenommen wird, gibt es keine Eintragung in das Ärzteregister und damit keine Arbeitserlaubnis - egal, ob mit eigener Ordination oder im Krankenhaus.

„Ressourcen nützen“

„Es geht bei den angedachten Veränderungen im Rahmen der Nostrifikation nicht um eine ‚Lex Refugees‘, und es geht schon gar nicht um Qualitätsverschlechterung in Österreich“, so Paukner, „es geht darum, Ressourcen zu nützen, die jetzt vorhanden wären.“ Allein in Wien sind derzeit beim Arbeitsmarktservice 119 asylberechtigte Ärztinnen und Ärzte gemeldet, zwei Drittel davon aus Syrien. Nur zehn davon konnten bisher ihre Ausbildung nostrifizieren lassen.

Elke Ziegler, science.ORF.at

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