Mehr Geschmack für fade Tomaten

Wohl jeder kennt die Enttäuschung: Man beißt in eine rote, saftige Tomate und sie schmeckt nach fast nichts. Mit gezielter Züchtung, die auf genetischem Wissen basiert, wollen Forscher den Geschmack in die fade Supermarkttomate zurückbringen.

Wenn man Pflanzen züchtet, dann sucht man sich die Varianten aus, die die gewünschten Eigenschaften haben und kreuzt sie ein. Tomatenbauern und Supermarktketten wünschen sich aber mitunter etwas anderes als der Konsument, erklärt die Studie, die in Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen in den USA, China, Spanien und Israel entstanden ist.

Gute Lagerfähigkeit, Widerstandskraft gegen Krankheiten oder für weite Transportwegen und ansprechendes Aussehen machen Tomaten mitunter profitabler als guter Geschmack, der so - bei der Suche nach der „besten“ Tomate - auf der Strecke geblieben ist.

Freude an alten Sorten

Also haben sich die Forscherteams auf die Suche nach köstlichen Paradeisvorbildern begeben. Sie haben die chemischen Geschmacksverbindungen in 398 modernen, alten und wilden Sorten untersucht und einige davon von Testpersonen verkosten lassen. Diese sollten bewerten, welche denn wirklich gut schmecken.

Verschiedene Tomatensorten

Harry Klee/University of California

Verschiedene Tomatensorten

So fanden die Wissenschaftler heraus, welche Geschmacksverbindungen entscheidend für aromatische Tomaten sind – und, dass die modernen Varianten tatsächlich weniger davon enthalten.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 27.1. um 13.55 Uhr.

Außerdem seien Tomaten heute wässriger als die vor einigen Jahrzehnten – das bedeutet insgesamt einen niedrigeren Zuckergehalt. Süßer Geschmack rundet den Tomatengenuss ab. Und wenn man Tomaten kühlt, etwa beim Transport oder um sie länger aufzubewahren, verlieren sie einige wesentliche und fragile Geschmacksstoffe.

Genetik ohne direkte Genmanipulation

Bei jeder neuen Kreuzung auf dem Weg zur robusten und hübschen Tomate ist etwas von dem richtig guten Geschmack verloren gegangen. Ihn wieder zurückzubringen, nimmt viel Forschungszeit in Anspruch: Schon zehn Jahre beschäftigten sich etwa die Forscher der University von Florida mit der komplexen und flüchtigen Aromabiochemie der verschiedenen Tomatensorten – jetzt kennt man 33 chemische Verbindungen, die für den guten Geschmack verantwortlich sind, und etwa 37 weitere, die mit der Geschmacksintensität zu tun haben.

Der wirkliche Fortschritt kommt aber von der genetischen Sequenzierung der Tomatenpflanze. Jetzt kennt man jene genetischen Marker, die eher schmackhafte Tomate hervorbringen. Um den Geschmack wieder zu verstärken, muss man die entsprechenden Varianten einkreuzen. „Molecular breeding“ oder molekulare Züchtung nennt das die Wissenschaft. Anders gesagt: zielgenaues Züchten ohne viele Umwege und Fehlversuche. So ließe sich wieder mehr Geschmack in die schönen, großen und widerstandfähigen Tomaten bringen.

Isabella Ferenci, Ö1 Wissenschaft

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