Wie man richtig lernt

Selbst wenn man die Vokabel schon in- und auswendig beherrscht, sollte man trotzdem noch ein bisschen weiterbüffeln. Das ist einer der Lerntipps, die US-Forscher in einer Studie geben: Mehr ist in diesem Fall wirklich mehr.

„Üben, üben, üben“ - egal, ob man ein Instrument oder eine Sprache lernt - daran führt kein Weg vorbei. „Repetitio est mater studiorum“ („Wiederholung ist die Mutter des Lernens“), wussten schon die Lateiner. Aber wann ist es genug? Aufhören, wenn man das Gelernte perfekt beherrscht, könnte etwas zu früh sein - wie die Experimente der Forscher um Kazuhisa Shibata von der Brown University nahelegen. Zumindest in manchen Fällen.

Nicht zu knapp hintereinander

Bei dem Trainingsprogramm ging es um das Erlernen von visuellen Fertigkeiten. Die Probanden mussten entscheiden, welches von zwei Bildern ein sinnvolles Muster zeigt. Nach acht Trainingsrunden (insgesamt 20 Minuten) schienen die Freiwilligen die Aufgabe zu meistern. Eine Gruppe absolvierte nach einer kurzen Pause acht weitere Runden mit derselben Aufgabe. Die andere trainierte acht Runden eine neue, aber ähnliche Fertigkeit.

Beim Test am nächsten Tag war die erste Gruppe deutlich stärker bei der ersten Aufgabe. Das „Überlernen“ hat offenbar zu einer geistigen Festigung des zuerst Erlernten geführt. Lernt man hingegen zwei ähnliche Dinge knapp hintereinander, kommt es laut den Forschern zu Interferenzen, die sich auf die erste Fertigkeit negativ auswirken. Diese Störungen lassen sich nur verhindern, wenn zwischen zwei Aufgaben genug Zeit vergeht, wie ein weiteres Experiment zeigte. Bei diesem durften die Probanden zwischen den beiden Lernaufgaben dreieinhalb Stunden pausieren.

Neurochemische Unterschiede

Was die Vorgänge unterscheidet, stellten die Forscher beim nächsten Training fest, bei dem zusätzlich die Gehirnaktivität mittels Magnetresonanzspektroskopie aufgezeichnet wurde. Die Unterschiede zeigten sich im Verhältnis zweier Gehirnbotenstoffe, die die Plastizität - also die Formbarkeit - des Gehirns steuern.

Solange das Gelernte formbar ist, bleibt es auch verletzlich - vor allem, wenn unmittelbar neuer Input folgt. Beim „Überlernen“ hingegen verändert sich die Konzentration der Botenstoffe und das Wissen wird relativ schnell physisch im Gehirn fixiert. „Offenbar reicht eine kurze Phase des ‚Überlernens‘, um den instabilen Zustand zu stabilisieren“, so Koautor Takeo Watanabe in einer Aussendung. Üblicherweise passiert die Stabilisierung unbewusst und braucht in der Regel eine Zeit.

Lerntipps

Watanabe ist überzeugt, dass der Trick beim Erlernen geistiger wie motorischer Fähigkeiten hilft. Er nennt auch konkrete Tipps, wie sich das Lernen auf Basis seiner Erkenntnisse optimieren lasse.

  • „Überlernen“ hilft, damit sich frisch Erlerntes wirklich einprägt. Aber Vorsicht, wenn man unmittelbar danach etwas Ähnliches lernen will oder soll!
  • Auch abgesehen vom „Überlernen“ sollte man niemals zwei ähnliche Dinge knapp hintereinander lernen.
  • Wenn man genug Zeit hat, ist es am besten zwischen zwei Lernaufgaben mehrere Stunden zu pausieren.
  • „Überlernen“ ist ideal, wenn man etwas wirklich Wichtiges lernen muss. Man erhöht die Chance, es nicht zu vergessen.

Eva Obermüller, science.ORF.at

Mehr zum Thema