Fossilfund: Ur-Saurier war trächtig

Forscher haben in Südchina ein Fossil in einem Fossil entdeckt. Mittlerweile sind sie sicher, dass ihnen ein sensationeller Fund gelungen ist: Dieses Ur-Saurierweibchen war trächtig, es brachte seine Jungen lebend zur Welt.

Für die Säugetiere ist die Geburt so etwas wie ein Markenzeichen. Von der Spitzmaus bis hin zum Elefanten - sie alle legen ihre Fortpflanzung modern an. Modern insofern, als ihr Nachwuchs die Entwicklung im Mutterbauch absolviert.

Die Vertreter der großen Gruppe der Vögel und Krokodile, zu der auch die ausgestorbenen Saurier gehören, erwiesen sich im Laufe der Naturgeschichte hingegen als konservativ, sie beließen es über viele Millionen Jahre beim althergebrachten Eierlegen.

Ur-Saurier Dinocephalosaurus jagt Fische

Dinghua Yang & Jun Liu

Langer Hals, ungewöhnliche Fortpflanzung: Meeresechse „Dinocephalosaurus“

Bis auf eine Ausnahme, von der nun Forscher um Jun Liu im Fachblatt „Nature Communications“ berichten: Der Paläontologe von der Hefei University of Technology hat in Südchina die Überreste eines Sauriervorfahren entdeckt.

„Dinocephalosaurus“ lebte vor rund 245 Millionen Jahren im Meer, besaß einen extrem langen Hals und machte dort, darauf weist unter anderem sein mit Zähnen bewehrtes Maul hin, Jagd auf Fische. Bei dem entdeckten Fossil handelt es sich eigentlich um deren zwei.

Baby, nicht Beute

Die Forscher fanden nämlich im Inneren des versteinerten Reptilienkörpers noch ein weiteres, vergleichsweise winziges Fossil. „Wir waren so aufgeregt, als wir das Exemplar erstmals sahen, aber wir waren nicht sicher, ob es sich dabei um die letzte Mahlzeit der Mutter oder um ihr ungeborenes Baby handelte“, sagt Jun Liu.

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Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell (15.2.2017, 13:55 Uhr).

Dass letzteres der Fall ist, schließen die Forscher aus der Tatsache, dass es in dem Fundstück keine Spur von Eischalen gibt. Auch die Lage und Proportionen des Fossils im Fossil sprechen stark für diese Hypothese: Der versteinerte, aber vollständig intakte Körper des Mini-Sauriers liegt nämlich Kopf nach oben im Mutterbauch.

„Bei Menschen und den meisten anderen Säugetieren kommen die Jungen immer mit Kopf nach unten zur Welt, damit sie möglichst schnell atmen können“, erklärt der Brite Mike Benton, ein Co-Autor der Studie. „Bei Walen, Delfinen und marinen Reptilien ist es umgekehrt, die kommen immer Schwanz voran zur Welt. Sie müssen nach der Geburt sofort zur Wasseroberfläche schwimmen - und nehmen dort ihren ersten Atemzug.“

Fazit der Forscher: „Dinocephalosaurus“ war bereits lebendgebärend, ein Vorreiter, der vorwegnahm, was die Säugetiere später zu ihrem evolutionären Erfolgsprinzip machen sollten.

Laune der Natur?

Laut den Analysen der Forscher haben Tierarten, die lebend gebären, immer eine genetische Geschlechtsbestimmung. Das könnte der Grund dafür sein, dass Krokodile und Schildkröten im Verlauf der Naturgeschichte niemals vom Eierlegen abgerückt sind. Sie bestimmen das Geschlecht ihres Nachwuchses nämlich meist über die Temperatur der Umwelt - eine Strategie, die nur bei konstanten Bedingungen klaglos funktioniert: Heutzutage gerät das Geschlechterverhältnis mancher Schildkrötenarten wegen des Klimawandels aus dem Lot, sie bringen fast nur noch Weibchen zur Welt.

Warum die Vögel, die das Geschlecht ihres Nachwuchses ebenfalls genetisch festlegen, niemals die Lebendgeburt entwickelt haben, wissen die Forscher nicht. Möglicherweise hat das historische Gründe: Die fossile Fauna aus dem Fundort im Landkreis Luoping ist eine postkatastrophale Momentaufnahme.

Fünf Millionen Jahre bevor „Dinocephalosaurus“ durch die Meere schwamm, kam es zu einem weltweiten Massenaussterben, bei dem 95 Prozent aller marinen Arten von der Bildfläche verschwanden. Was folgte, war eine Blühphase der Evolution, in der die verbliebenen Meerestiere mangels Konkurrenz neue Baupläne testen konnten. Möglicherweise handelt es sich bei „Dinocephalosaurus“ um so ein verfrühtes Evolutionsexperiment, popkulturell gesprochen: Die Idee war gut, doch die Welt noch nicht bereit.

Robert Czepel, science.ORF.at

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