Wohin mit der Schmuckschildkröte?
Seit jeher trägt der Mensch dazu bei, dass sich verschiedenste Tier- und Pflanzenarten in Gebieten ausbreiten, in denen sie ursprünglich nicht vorkommen. Wir schleppen sie als blinde Passagiere an Bord von Schiffen ein oder importieren sie als Haustiere oder Ziergewächse. Diese sogenannten invasiven Arten, haben in ihrer neuen Heimat oft keine Feinde. Sie breiten sich ungehindert aus, verdrängen heimische Arten und gefährden die Artenvielfalt.
Den natürlichen Tod abwarten
Um die Ausbreitung invasiver Arten einzudämmen, veröffentlichte die EU vergangenen Juli eine Liste mit 37 Tier- und Pflanzenarten, die als besonders problematisch gelten und daher bekämpft werden sollen. Auch Zoos sind von der Verordnung betroffen, 23 Tierarten dürfen nicht mehr gezüchtet werden. Die Tiere müssen bis zu ihrem natürlichen Tod ausbruchssicher untergebracht und an der Fortpflanzung gehindert werden, so die Verordnung.
Außer mit einer Sondergenehmigung des Umweltministeriums dürfen Zoos auch keine Tiere mehr von privaten Haustierbesitzern übernehmen. Von den meisten der 23 gelisteten Tiere wie etwa dem Nasenbären oder dem Streifenhörnchen dürften sich kaum Exemplare in Privatbesitz befinden.
Die ebenfalls auf der Liste befindlichen Rotwangen- und Gelbwangen-Schmuckschildkröten gehörten hingegen lange zu den beliebtesten Reptilienarten. Wie viele davon heute in Österreich leben ist unklar, laut Schätzungen müssen es aber mehrere tausend sein.
dpa/Friso Gentsch
„Die meisten Menschen wissen nicht, dass diese Schildkröten eine Panzerlänge von bis zu 30 Zentimeter erreichen können, also für das Aquarium viel zu groß werden“, sagt Helga Happ, Leiterin des Reptilienzoos Happ in Klagenfurt.
Gefährliche „Fressmaschinen“
Hätten Privatbesitzer nicht mehr die Möglichkeit, ihre Schildkröten in Zoos abzugeben, würden sie die Tiere häufig beim nächsten Fluss aussetzen, so Happ. Dort hätten die aus Nordamerika stammenden Schildkröten mit den markanten roten Flecken keine Feinde, dafür ein reichhaltiges Nahrungsangebot. „Sie fressen vor allem unsere Molche und Fische, aber eigentlich alles, was lebt und sich bewegt. Sie sind richtige Fressmaschinen“, schildert die Reptilienexpertin.
Zoos hoffen auf Ausnahmeregelung
Happ wolle daher auch in Zukunft Schmuckschildkröten aufnehmen. Dazu sei sie im Gespräch mit dem zuständigen Amt der Kärntner Landesregierung. „Solange die Tiere im Handel sind und die Leute sie kaufen, solange werden die Tiere auch abgegeben“, sagt Happ. Ein wichtiger Schritt zur Lösung des Schildkrötenproblems sei es, den Handel noch stärker einzuschränken.
Der Tiergarten Schönbrunn in Wien nimmt aufgrund der EU-Verordnung vorerst keine Schmuckschildkröten aus Privatbesitz mehr auf, so der zoologische Abteilungsleiter Anton Weissenbacher. Das Umweltministerium habe aber bereits versichert, in jedem Bundesland Stellen zu schaffen, die sich mit Ausnahmegenehmigungen für Zoos beschäftigen sollen.
Aussetzen verboten
Privatleuten, die ihre Schmuckschildkröten nicht mehr zu Hause halten wollen oder können, rät Weissenbacher, sich noch etwas zu gedulden, bis eine Regelung gefunden sei. Die Abgabe der Tiere an Tierheime hält er für keine gute Lösung.
„Die Tierheime sind eher auf Katzen und Hunde ausgerichtet, sie sind meist hoffnungslos überlastet und auf Schildkröten einfach nicht eingestellt“, so Weissenbacher. Sich seiner Haustiere in der Natur zu entledigen verstößt übrigens gegen das Tierschutzgesetz und kann mit einer Geldbuße von bis zu 7.500 Euro bestraft werden.
Lena Hallwirth, Ö1 Wissenschaft