Künstliche Intelligenz kann von Wittgenstein lernen

Ludwig Wittgenstein gilt als Philosoph der Sprache. Er könnte aber auch für die Entwicklung künstlicher Intelligenz wichtig sein, meint der Wiener Philosophieprofessor Mark Coeckelbergh.

Er bezeichnet Wittgenstein anlässlich eines Workshops in Wien als „vergessenen Autor“ in der Philosophie der Technik.

Sprache der Menschen ist gefärbt

Gerade in der Beschäftigung mit sprechenden Maschinen könne der österreichische Philosoph eine wichtige Rolle spielen. Diese Maschinen benutzen Sprache „so wie wir“, sagt Mark Coeckelbergh, Philosophieprofessor für Medien und Technik an der Universität Wien: „Wir wollen verstehen, was zwischen den Menschen und der sprechenden Maschine passiert.“ Spannend sei auch, wie Menschen mit der Maschine durch Sprache in Kontakt kommen.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 14.3., 13:55 Uhr.

Viele sprechende Maschinen werden gerade entwickelt und kommen auf den Markt, so Coeckelbergh. Zu erforschen sei, was es in der Praxis bedeutet, dass Maschinen so sprechen wie Menschen. Schließlich sei die Sprache der Menschen gefärbt - je nachdem, in welchem Umfeld und welcher Kultur sie leben, sagt Coeckelbergh. Sprache nehme somit eine nicht unwesentliche Stellung in Fragen der Technikphilosophie ein.

„Alle Philosophie ist Sprachkritik“

Ludwig Wittgenstein – bekannt als Initiator der sprachkritischen Wende – stellte in seinen Forschungen die These an die Spitze, dass philosophische Probleme erst gelöst werden können, wenn die Funktionsweise von Sprache geklärt worden ist.

Coeckelbergh bezeichnet seinen Ansatz, nun Wittgensteins Gedanken in die Technikphilosophie einzuführen, als „exploratorisch“. Es gebe viele Zugänge, wie beispielsweise Wittgensteins Axiom „Alle Philosophie ist Sprachkritik“ Anwendung in Fragestellungen der Technikphilosophie finden kann. Bisher seien Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesem Bereich wenig auf die Bedeutung von Sprache eingegangen.

Wittgensteins Sprachphilosophie könnte Impulse geben, wie Philosophen Sprache benutzen können, um technische Phänomene zu beschreiben. Der österreichische Philosoph verstehe die Bedeutung oder den Sinngehalt einer Sache „ganzheitlicher“ und verknüpfe sie mit größeren Strukturen. Dies könnte auf das Gebiet der Technologie angewendet werden und „neue Verstehenshorizonte“ eröffnen.

Lebensformen hinterfragen

Wittgenstein habe den Begriff der Lebensform eingeführt, um zu beschreiben, dass Menschen einer Gesellschaft nach gewissen Mustern leben. Mit Wittgenstein könnten Muster, die in der westlichen Welt vorherrschen, hinterfragt und aufgebrochen werden, so Coeckelbergh.

Als Beispiel nennt Coeckelbergh das Design eines Roboters, bei dem Genderfragen eine wesentliche Rolle spielen. Der Philosoph sieht eine „problematische Entwicklung“ in der Herstellung weiblich aussehender Roboter, die als „Dienstroboter“ eingesetzt wurden. Wittgensteins analytische Herangehensweise an Sprache könne hier einen wesentlichen Beitrag leisten.

Markus Andorf, Ö1 Wissenschaft

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