Mehr Diabetes durch Klimawandel?

Schon jetzt hat der Klimawandel konkrete gesundheitliche Folgen, sagen Forscher. Sie führen die weltweite Zunahme an Typ-2-Diabetes unter anderem auf die globale Erwärmung zurück. Denn die Außentemperatur verändert den Fettstoffwechsel.

Typ-2-Diabetes - die im Gegensatz zur Typ-1-Diabetes im Lauf des Lebens erworbene Zuckerkrankheit - hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur Volkskrankheit entwickelt. Weltweit sind insgesamt 412 Millionen Erwachsene zuckerkrank (2015), bis 2040 sollen es Schätzungen zufolge 642 Millionen sein. In Mitteleuropa ist die Zahl der Diabetiker seit 1998 um rund 40 Prozent gestiegen. In Österreich sind zwischen 600.000 und 700.000 Menschen betroffen. 90 Prozent davon leiden an Typ-2-Diabetes.

Ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel gelten als Hauptursachen der Stoffwechselkrankheit. Durch einen erhöhten Körperfettanteil sprechen die Zellen immer weniger auf Insulin an - es kommt zur sogenannten Insulinresistenz - und der Blutzuckerspiegel steigt. Das kann Folgen für den ganzen Körper haben, z.B. Nierenschäden, Herzinfarkt und chronische Wunden.

Ungesundes und gesundes Fett

Viel Betroffene sind übergewichtig, aber auch Normalgewichtige können erkranken - eine entscheidende Rolle spielt in jedem Fall das Körperfett. Fett ist aber nicht gleich Fett - wie man erst seit wenigen Jahren weiß. Während weißes Fett Energie speichert und sich in Form von unerwünschten Pölsterchen bemerkbar macht, verbrennt braunes Fett Kalorien und hält den Körper warm. Ursprünglich dachte man, dieses nützliche Fett findet sich nur bei Säuglingen. Mittlerweile weiß man, dass es auch im erwachsenen Körper vorkommt - aber nur in sehr geringen Mengen.

ORF Schwerpunkt

Von 18. bis 24. März widmet sich der ORF im Rahmen seiner Initiative „Bewusst gesund“ dem Thema „Zucker“ .

Aktives braunes Fett kann beim Abnehmen helfen und die Insulinempfindlichkeit bei Typ-2-Diabetes verbessern, schreiben die Forscher um Lisanne L. Blauw vom Leiden University Medical Center in ihrer aktuellen Arbeit. Wie frühere Studien zeigen, lässt es sich gezielt aktivieren, z.B. durch Kälte. Im Winter ist es generell aktiver.

Dieser Zusammenhang mit der Außentemperatur veranlasste die niederländischen Wissenschaftler zu einer überraschenden Hypothese: Die in Folge der Klimaerwärmung steigenden Temperaturen könnten für die weltweite Diabetes-Epidemie mitverantwortlich sein.

Wärme und Blutzucker

Überprüft haben sie ihre Vermutung mit Diabetes-Daten vom US-amerikanischen Center for Disease Control and Prevention von 1996 bis 2009 sowie mit Gesundheitsdaten der WHO aus 190 Ländern zum Nüchternblutzucker, ein Hinweis auf Diabetes. Beide Datensätze verknüpften die Forscher mit den an verschiedenen Orten gemessenen Temperaturen.

Die Auswertung in den USA ergab, dass mit jedem Grad Celsius die Häufigkeit für Diabetes stieg, ungefähr um einen Krankheitsfall mehr pro 3.000 Einwohner. Die globalen Daten zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit für einen erhöhten Blutzuckerwert in warmen Ländern häufiger ist, pro Grad um 0,17 Prozent. Hochgerechnet heißt das, dass ein Temperaturanstieg von einem Grad Celsius allein in den USA zu 100.000 neuen Diabetes-Fällen führen könnte.

Wie die Forscher einräumen, handelt es sich um eine reine Beobachtungsstudie, die keinen endgültigen Schluss zulässt. Angesichts der Klimaerwärmung sollte man in Zukunft jedenfalls die möglichen körperlichen Auswirkungen steigender Temperaturen mitbedenken, betonen sie.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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