Mit Gewehr und Feder gegen Franco

Sie kämpften gegen Franco und schrieben gegen den Faschismus: Eine neue Studie analysiert die Rhetorik der Brigadenpresse im spanischen Bürgerkrieg. Mit an der Front waren auch 21 österreichische Journalisten.

Leopold Spira, Hermann Langbein, Julius Deutsch sind die bekannteren Namen unter ihnen. Egal ob Sozialisten oder Kommunisten: Bevor sie nach Spanien gingen, hatten sie alle bereits eine Schlacht gegen den Faschismus verloren - 1933/34 in Österreich, als Kanzler Engelbert Dollfuß ihre Parteien und Zeitungen verbot. Schon 1933 hatte Hitler in Deutschland die Macht übernommen.

Nun galt es in Spanien den weiteren Vormarsch faschistischer Regime zu verhindern und mit Hilfe der Sowjetunion eine Wende herbeizuführen. Allein aus Österreich schlossen sich 1.400 Antifaschisten den Internationalen Brigaden unter kommunistischer Führung an.

Buch & Präsentation

Edgar Schütz: Österreichische JournalistInnen und PublizistInnen im Spanischen Bürgerkrieg 1936 - 1939. Medienpolitik und Presse der Internationalen Brigaden, Wien 2016, LIT Verlag, 401 Seiten.

Der Autor präsentiert sein Buch am Donnerstag um 18.30 Uhr im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), 1010 Wien, Wipplingerstraße 6-8.

Bildung und Ausgrenzung

Im Kampf um die Herzen und die tatkräftige Unterstützung der Spanier versuchten die Republikaner auch an den Kriegsfronten eine antifaschistischen Öffentlichkeit zu schaffen. Wie der Romanist und Kommunikationswissenschaftler Schütz in einer historischen Studie zeigt, setzten sie dabei auf Alphabetisierung und Bildung. Schütz bewertet das als „erste massive Zeichen proletarischer Kommunikation in Spanien“.

Die internationalen Kämpfer waren viel besser gebildet als der Durchschnitt der spanischen Bevölkerung und politisch hoch motiviert. Die Frontmedien der Internationalen Brigaden hatten daher andere Funktionen: Einerseits dienten sie der Kommunistischen Partei zur politischen und militärischen Disziplinierung der Freiwilligen. Sie wurden auf die Vereinigung aller Antifaschisten zur Volksfront, das Lob der Sowjetunion und die Ausgrenzung jeglicher abweichender oder auf Eigenständigkeit pochender linker Strömungen wie Trotzkisten und Anarchisten eingeschworen.

Brutale Rhetorik, Plattform für Kritik

Letzteres geschah häufig mit brutaler Rhetorik: Der steirische Journalist und Kommunist Josef Martin Presterl verlangte im Zentralorgan „Pasaremos“, dass die Trotzkisten „mit Stumpf und Stiel ausgerottet“ werden sollten. Andererseits boten die Periodika den Soldaten eine Plattform für Kritik. Hier konnten sie Fehler von Vorgesetzen ebenso ansprechen wie Probleme, die etwa im multinationalen Zusammenleben an der zermürbenden Front unausweichlich waren - solange sie die politischen Grundlinien nicht infrage stellten.

Straßenkampf: Männer mit Gewehren verschanzen sich in einer Gasse

AFP

Straßenkampf: Republikanische Truppen Ende der 30er Jahre

Ein despektierlicher Verriss der Frontmedien wäre aus heutiger Sicht ein Leichtes. Edgar Schütz arbeitet jedoch mit Begriffen der kritischen Theorie von Oskar Negt und Alexander Kluge und das vermeidet die Banalität allzu großer späterer Klugheit. Öffentlichkeit ist in diesem Verständnis das Erringen von Artikulationsmacht in einer konkreten historischen Situation. Dieses emanzipatorische Moment kann den Medien der Internationalen Brigaden nicht abgesprochen werden, auch wenn es sich um eine partielle Öffentlichkeit handelte. Sie dienten der Selbstorganisation und Selbstartikulation im Kampf gegen den Faschismus und bildeten im Falle deutsch- und italienischsprachigen Zeitungen auch eine Form der Gegenöffentlichkeit zu den Diktaturen in der Heimat.

Neun von 21 kehrten zurück

Zugleich verlangte die Brigadenpresse aber die Uniformierung des politischen Denkens und der politischen Praxis im Dienste der kommunistischen Parteidoktrin und zerstörte damit Öffentlichkeit. In der Beurteilung der 21 Journalisten - drei von ihnen starben in Spanien, fünf wurden von den Nationalsozialisten ermordet, zwei fielen dem Stalinismus zum Opfer, zwei blieben im Exil und neun kehrten nach Österreich zurück - hält sich Schütz zurück. Manche waren Verkünder der Parteidoktrin und sind ihr über alle Wendungen hinweg nahtlos gefolgt. Andere wie Hermann Langbein entwickelten aus der Erfahrung von Faschismus, Nationalsozialismus und Stalinismus eine Kritik autoritärer Politik jeglicher Couleur.

Der versierte Journalist und langjährige Redakteur der Austria Presse Agentur Edgar Schütz verlässt mit dieser Arbeit sein Metier. Er macht es gekonnt. Wer historische Reportagen zum Spanischen Bürgerkrieg sucht, wird hier deshalb eher enttäuscht werden. Wer hingegen an einer Studie zur republikanischen Öffentlichkeit, zur Publizistik der Internationalen Brigaden und einer Kollektivbiographie der beteiligten Österreicher interessiert ist, dem steht mit dieser theoretisch und methodisch reflektierten und mit reichen Quellen fundierten Studie eine wahre Fundgrube zur Verfügung.

Peter Pirker, APA

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