Was Psychotherapien erfolgreich macht

Wichtige Prozesse bei einer Psychotherapie finden zwischen den Therapiesitzungen statt, so Forscher der Uni Klagenfurt. Was genau einen guten „Zwischentherapieprozess“ auslöst, wollen sie nun untersuchen und eine App für Patienten entwickeln.

Welche Gedanken, Gefühle, Erinnerungen und Fantasien hat ein Patient, wenn er an die Psychotherapiesitzung denkt? Hat er das Gefühl, er kann das Besprochene in schwierigen Situationen anwenden? Fühlt sich die Patientin gut aufgehoben und hat Vertrauen zum Therapeuten? Diese Fragen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, ob eine Psychotherapie erfolgreich wird oder nicht, erklärt die Psychologin Sylke Andreas von der Universität Klagenfurt. „Viele Patienten denken über ihre Therapiesitzung nach und je intensiver sie das tun, desto besser ist das Therapieergebnis.“

Weltgesundheitstag

Depressionen stehen heute im Mittelpunkt des Weltgesundheitstages 2017. In Österreich leiden etwa 7,7 Prozent der Bevölkerung an dieser Krankheit. Grundsätzlich gelten Depressionen als gut heilbar. Was eine Therapie erfolgreich macht, damit beschäftigt sich ein Forschungsteam der Universität Klagenfurt.

Ausgelöst wird der Gedanken- und Gefühlsprozess aber dadurch, was in der Sitzung passiert. „Also durch das, wie der Therapeut auf das Anliegen des Patienten in einer bestimmten Situation reagiert.“

Reagiert er „gut“, erhöht dies das Vertrauen, was dazu führt, dass sich der Patient intensiver mit der Therapie auseinandersetzt, so Andreas. „Wir erkennen, ob die Interaktion gut läuft. Was sich auch dadurch bemerkbar macht, wie sich der Patient danach verhält und ob er sich beispielsweise weiter öffnet.“

Genauer Zusammenhang wir erst erforscht

Welche Situationen und Reaktionen genau dazu führen, dass sich der Patient zu Hause mit der Therapie und dem Therapeuten auseinandersetzt, ist aber noch unbekannt. Das wollen die Forscher rund um Sylke Andreas nun herausfinden. Dazu begleiten sie in erster Linie depressive Patienten bei ihrer sechswöchigen Therapie, zeichnen die wöchentliche Sitzungen auf und erheben ihre Gedanken und Gefühle jeweils vor Beginn der nächsten Therapiesitzung durch einen Fragebogen. Aus diesen Daten schließen die Forscher dann auf den Zusammenhang zwischen Therapie und der Zeit dazwischen.

Allerdings kann man es mit dem Denken an die Therapie auch übertreiben, weiß Andreas aus einer Voruntersuchung: „Es gibt durchaus Patienten, die zu viel grübeln, was einem erfolgreichen Therapieverlauf eher hinderlich ist.“

Ö1-Sendungshinweis:

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in der Sendung „Wissen aktuell“ am 7.4. um 13:55.

Handy-App für Therapiezeit zu Hause

Bereits im nächsten Jahr soll es dazu auch eine Handy-App geben, mit der die Patienten ihren Zwischentherapieprozess nicht nur mitverfolgen können, sondern die diesen auch steuern soll, erklärt der Psychologe Thorsten Gablonski. „Wenn die App dann beispielsweise feststellt, dass bei einem Patienten wenig Intersession-Prozesse stattfinden, soll sie ihm gezielt Fragen schicken, die das Nachdenken über die Therapiesitzung und den Therapeuten anregen. Beispielsweise: Was wurde in der letzten Therapiesitzung besprochen? Und: Wie ging es Ihnen dabei?“

Auch für den umgekehrten Fall, dass ein Patient ins starke Grübeln verfällt, soll die App gezielt Ablenkung schaffen. „Hier könnte man Fragen einbauen, wie: Was haben Sie heute noch geplant? Was ist heute noch wichtig?“, erklärt Glabonski.

Die über die App gesammelten Informationen können darüber hinaus dem Therapeuten Aufschluss über den Verlauf der Therapie geben - sofern der Patient seine Aufzeichnungen zugänglich macht. Grundsätzlich geht es aber darum, den Therapieverlauf für den Patienten unmittelbar - das heißt, über die Steuerung der Zwischentherapieprozesse - zu verbessern. Die App soll kostenlos und schließlich für alle psychischen Erkrankungen anwendbar sein, die z.B. durch eine Verhaltenstherapie oder durch eine Psychoanalyse behandelt werden können.

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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