Neues Modell für Studienplatzfinanzierung

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) strebt eine Systemumstellung der Universitätsfinanzierung ab 2019 an. Ein neues Modell sieht dazu eine Anhebung des Unibudgets um 1,35 Mrd. auf elf Mrd. Euro sowie Kriterien für weitere Zugangsbeschränkungen vor.

Die zusätzlichen 1,35 Mrd. Euro setzen sich dabei aus rund 840 Mio. Euro für eine Art indexgebundene Weiterentwicklung der bisherigen Mittel sowie 510 Millionen für die mit der Systemumstellung verbundenen Extra-Personalressourcen zusammen, so Mitterlehner vor Journalisten. Das Unibudget soll künftig nicht mehr aus einem Globalbudget (rund 90 Prozent) verbunden mit indikatorbezogenen bzw. durch Ausschreibungen vergebenen Strukturmitteln bestehen, sondern aus drei Töpfen für Infrastruktur, Lehre und Forschung.

Aktive Studien entscheidend

Für die Lehre werden die Studienrichtungen in Fächergruppen geteilt. Wichtigste Bezugsgröße für die Zuteilung der Mittel ist dabei die Zahl der aktiv betriebenen Studien. Als prüfungsaktiv gilt ein Student, wenn er mindestens 16 ECTS-Punkte pro Jahr absolviert.

Zum Vergleich: Die Studienpläne sind so konzipiert, dass mit 60 absolvierten ECTS pro Studienjahr das jeweilige Studium in Mindeststudienzeit abgeschlossen werden kann. Zusätzlich hängen die Mittel für die Lehre von der Zahl der Studienplätze in den einzelnen Fächern und vom habilitierten Personal ab, Extra-Geld gibt es außerdem für mehr Absolventen und flotte Studenten (mindestens 40 ECTS pro Jahr).

Die Universitäten erhalten dazu verschiedene Möglichkeiten der Zugangsregulierung: In allen Fächern möglich sein sollen künftig „Eignungsverfahren, die nicht beschränken“. Unis können also für die Zulassung zusätzlich zum Maturazeugnis auch die Absolvierung eines Online-Self-Assessments, die Vorlage eines Motivationsschreibens sowie die Teilnahme an einem Eignungstest verlangen. Diese dürfen zwar mit Feedback verbunden werden, die Ergebnisse aber nicht über die Zulassung entscheiden.

Neue Zugangsbeschränkungen

Außerdem sollen den Unis sowohl bundesweite als auch unibezogene Zugangsbeschränkungen ermöglicht werden. Voraussetzung ist jeweils eine Verschlechterung der Betreuungsverhältnisse. Für die Möglichkeit einer bundesweiten Platzbeschränkung müssen mindestens zwei Universitäten betroffen sein, an denen im fraglichen Studienfeld mindestens 1.000 prüfungsaktive Personen studieren.

Für eine unibezogene Beschränkung müssen an dieser Hochschule mindestens 500 Prüfungsaktive betroffen sein - gleichzeitig soll aber auch eine präventive Beschränkung möglich sein, wenn binnen zweier Studienjahre gleichzeitig die Zahl der Prüfungsaktiven um 25 und jene der Studienanfänger um 50 Prozent gestiegen ist. „Die Universität soll also nicht nur reagieren, sondern auch antizipieren können“, so Hochschul-Sektionschef Elmar Pichl.

Kandidaten für eine bundesweite Beschränkung aufgrund des schlechten Verhältnisses von wissenschaftlichem Personal zu Studierenden sind etwa Erziehungswissenschaften (1 zu 123), Fremdsprachen (1 zu 73) und Jus (1 zu 70). Ein mögliches Einsatzfeld für eine unibezogene Beschränkung wäre etwa die Politikwissenschaft in Wien: Dort liegt die Betreuungsrelation bei eins zu 186, während sie etwa an der Uni Linz 1 zu 37 beträgt.

Gewichtete Anzahl

Die Maßzahl für die Bemessung der Studienplätze soll nicht wie zuletzt diskutiert die Zahl der Absolventen plus etwa 20 Prozent sein. Dies würde in Fächern wie Jus mit hohem Dropout zu einem Kahlschlag führen. Deshalb habe man einen „verfeinerten Zugang“ gewählt, so Mitterlehner. Die Zahl der Plätze soll demnach gewichtet werden: Zu 50 Prozent einfließen soll dabei die Zahl der prüfungsaktiven Studenten im ersten Studienjahr, zu jeweils 25 Prozent die Zahl der Studienanfänger und der Abschlüsse - jeweils im Schnitt der vergangenen fünf Jahre.

Konkret würde das etwa für Jus bedeuten, dass die Zahl der Studienanfänger von rund 8.000 auf 5.000 sinken würde. „Dort ist klar, dass wir am Anfang weniger Studierende haben werden.“ Das heiße aber nicht, dass es auch weniger Abschlüsse als bisher geben werde - im Gegenteil: Mitterlehner geht sogar von mehr Absolventen durch die bessere Betreuung aus. Wer keinen Studienplatz in einem Fach bekomme, könne an Fachhochschulen wechseln, deren Plätze ausgebaut werden, oder ein anderes unbeschränktes Unistudium belegen. Von Ingenieurwissenschaften über Weltraumwissenschaften bis zu Geospatial Technologies gebe es eine Reihe nicht ausgelasteter Studienrichtungen.

Verbesserte Betreuungsverhältnisse

Als Ziel der Umstellungen schweben Mitterlehner verbesserte Betreuungsverhältnisse vor. In den „Buchwissenschaften“ wie etwa Jus oder Sozialwissenschaften liegen die Idealwerte dabei bei 1 zu 40. Die Zahl der prüfungsaktiven Studierenden an den Unis soll (bei insgesamt derzeit 280.000 Studenten) bis 2021 von 182.000 auf 210.000 steigen. Das wäre eine Verbesserung von derzeit 65 Prozent auf rund 75 Prozent. Nimmt man nur die Zahl der belegten Studien als Maßzahl (ein Student kann mehrere Studien belegen, Anm.), werden sogar nur 53 Prozent prüfungsaktiv betrieben.

Die derzeit bestehenden Zugangsbeschränkungen (etwa für Medizin, Veterinärmedizin Psychologie, Publizistik, Wirtschaftswissenschaften, Biologie, Architektur, Informatik und Pharmazie) sollen bestehen bleiben. Eventuell müsse aber über die Bemessung der Studienplätze dort neu verhandelt werden, so Mitterlehner.

Laut Mitterlehner ist das Modell mit Finanzministerium und Universitätenkonferenz abgesprochen. Zur Realisierung muss es noch mit der SPÖ verhandelt werden.

uniko erfreut

Unterschiedlich bewerten die Universitätenkonferenz (uniko) und die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) das neue Modell. Für uniko-Präsident Oliver Vitouch ist Mitterlehners Konzept „in der Sache hocherfreulich“. Die Maßnahmen seien bisher in ständigen Arbeitstreffen mit der uniko diskutiert worden. Insbesondere lägen erstmals konkrete Zahlen über den Budgetbedarf für die erste Umsetzungsetappe am Tisch, so Vitouch.

Einen Vorbehalt im Zusammenhang mit dem neuen Finanzierungsmodell hat Vitouch aber noch: Bei den Verhandlungen habe es zuletzt einen „Downer“ gegeben, - „weil der Teufel im Detail stecken kann“. Das hänge etwa mit der Gewichtung der einzelnen Fächergruppen und der unterschiedlichen Größe der einzelnen Unis zusammen. An einer kleinen Uni wie der Montanuni Leoben gebe es trotz teils gleicher Fächergruppen andere Rahmenbedingungen als an der großen Technischen Universität (TU) Wien.

„Das Ziel ist es ja, die Mittel bedarfsgerecht zu verteilen - also dorthin, wo die Betreuungsrelationen am problematischsten sind. Gleichzeitig sollen keine Schieflagen erzeugt werden“, so der uniko-Präsident. Er kenne etwa keine österreichische Uni, die überfinanziert werde. „Es geht also nicht darum, von den Unis mit den etwas schlechteren Betreuungsrelationen zu denen mit den ganz schlechten umzuverteilen.“ Schützenhilfe für die Verhandlungen erwartet sich Vitouch von einer mit dem Ministerium beim Wifo beauftragten Wertschöpfungsstudie für die Unis. Diese werde zeigen, dass in die Unis gestecktes Geld volkswirtschaftlich gut investiert sei.

ÖH nicht begeistert

Konträr die ÖH: „Es ist eine Farce, dass Minister Mitterlehner jetzt ein Modell der Studienplatzfinanzierung aus dem Hut zaubert, das jedweder wissenschaftlicher Grundlage entbehrt und binnen kürzester Zeit ohne Einbindung der Studierenden aufgestellt wurde“, so Generalsekretärin Magdalena Goldinger (Fraktion Engagierter Studierender) in einer Aussendung. „Durch diese Ankündigung gehen wir dem absoluten Ende einer freien Hochschule einen Riesenschritt entgegen.“

„Interessant“ findet es die Studentenvertretung auch, dass offenbar 1,35 zusätzliche Milliarden Euro für die Unis über drei Jahre „anscheinend nun problemlos budgetierbar sind, wohingegen eine Inflationsanpassung der Studienbeihilfe seit 1999 als eine budgetäre Unmöglichkeit dargestellt wird“. Die Studienplatzfinanzierung wiederum sei „bisher nichts mehr als ein schlecht berechnetes Umverteilungs- und Einschränkungssystem“. Gerade das Gedankenspiel, wonach abgelehnte Jusstudenten künftig Weltraumwissenschaften studieren sollen, zeige die „Weltfremdheit der Überlegungen“.

science.ORF.at/APA

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