„Fallings Walls Lab“ entschieden

Drei Minuten, um eine Jury davon zu überzeugen, dass man mit seiner Forschung „die Welt verändern kann“. Die Biotechnologin Agnes Reiner hat das mit ihrem Ansatz zur Krebsdiagnose geschafft.

Gestern um kurz nach 20 Uhr stand die Gewinnerin des diesjährigen „Falling Walls Lab“ Österreich fest. Agnes Reiner von der Medizinischen Universität Wien und vom Austrian Institute of Technology (AIT) konnte sich gegen 13 Jungforscherinnen und Forscher durchsetzen. „Es bestätigt, dass man an einem spannenden Thema arbeitet und mit seiner Forschung wohl auch weiterhin Erfolg haben wird", so die junge Biotechnologin.

Falling Walls Lab 2017 Siegerin Agnes Reiner

Ruth Hutsteiner, ORF

die Siegerin

Der Name der Veranstaltung geht ursprünglich auf den Fall der Berliner Mauer zurück, als Symbol dafür, dass Mauern und Hürden niedergerissen werden und Wissenschaft sich vernetzt. Eine solche Mauer zum Einsturz zu bringen, könnte Agnes Reiner vielleicht eines Tages mit ihrer Forschung gelingen. Seit drei Jahren sucht die Biotechnologin nach einer Möglichkeit, Eierstockkrebs durch die bloße Analyse einer Blutprobe zu diagnostizieren. Die Krankheit ist zwar selten, dafür endet sie in den meisten Fällen tödlich, da sie nur schwer zu erkennen ist.

Ö1 Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“ am 25.4. um 13:55.

Vesikel geben Hinweis auf Eierstockkrebs

„Ich habe herausgefunden, dass es kleine Vesikel gibt, das sind kleine Kügelchen, die von Zellen abgegeben werden und die die gleiche Komposition und die gleichen Proteine tragen, wie die Krebszelle selbst“, erklärt Reiner. Das heißt, man könnte in einer Blutprobe die Vesikel von einer Krebszelle von Vesikeln gesunder Zellen unterscheiden.

Audio: Ausschnitt der Präsentation

Um die kleinen Krebs-Vesikel nachzuweisen und zuzuordnen, benötigt man jedoch das richtige Instrument. Hierfür hat die Forscherin einen sensiblen Biosensor entwickelt, der auf bestimmte Marker reagiert. Noch hat Reiner keine Blutprobe analysiert, die Forschung sei aber vielversprechend, erklärt die Juryvorsitzende Helga Nowotny: „Wissenschaftlich war das sehr solide. Es gibt natürlich in der Forschung immer diese Ungewissheit, kann man das wirklich erreichen, was man möchte? Aber man hat das Gefühl gehabt, sie ist auf einem sehr guten Weg.“

Finale in Berlin

Die junge Biotechnologin fährt somit am 8. November zum Finale nach Berlin. Dort werden 100 internationale Forschungstalente aus 55 Ländern gegeneinander antreten. Hierfür will sich Agnes Reiner noch etwas einfallen lassen, um über alle Teilnehmer hinweg im Gedächtnis der Jury zu bleiben.

Preisverleihung Falling Walls Lab 2017

Ruth Hutsteiner, ORF

Preisverleihung Falling Walls Lab 2017

„Ich habe mir überlegt, dass man diese kleinen Vesikel optisch als kleine Bälle darstellen könnte, um noch anschaulicher zu machen, worüber ich da eigentlich spreche.“ Abgesehen von der Innovation und gesellschaftlichen Bedeutung des Projekts, bewertet die Jury nämlich auch die Präsentation.

Mini-Wettbewerb für zweites Ticket nach Berlin

Die Zweit- und Drittplatzierten haben noch einmal im Sommer bei den Technologiegesprächen in Alpbach die Chance, im Rahmen eines Mini-Wettbewerbs das zweite Österreich-Ticket nach Berlin zu lösen.

Zu ihnen gehört Johannes Bintinger von der Technischen Universität Wien. Er belegte mit seiner Dreiminutenpräsentation „Breaking the Wall of Smell Sensing“ den dritten Platz ex aequo mit Rupinder Kaur von der Uni Wien, die an einer Methode zur Bekämpfung von Insekten forscht. Der zweite Platz ging an Lukas Kinner vom Austrian Institute of Technology, der mit neuen Materialien Photovoltaik revolutionieren möchte.

Elektronischer Geruchssinn

Der Chemiker Johannes Bitinger hingegen überzeugte die Jury mit seinem Ansatz, den Geruchssinn zu digitalisieren. Das elektronische Nasenimitat könnte dann mehr als eine gewöhnliche, menschliche Nase. „Man könnte den Sensor für die Frühdiagnostik von bestimmten Krankheiten benutzen, für die Kontrolle der die Lebensmittelqualität oder um festzustellen, ob in der Umwelt bestimmte Schadstoffe sind“, erklärt der Chemiker.

Der erste Prototyp ist etwa so große wie eine zwei-Euro-Münze und kostet „einen Dollar“ in der Produktion, erläutert der Jungforscher. „Damit kann man Ammoniak, Luftfeuchtigkeit und Cyclohexanon aufspüren.“ - Bestandteile des menschlichen Atems. Bitinger und sein Team wollen nämlich Krankheiten wie Brustkrebs mithilfe des Atems analysieren. Bis es soweit ist, wird es aber noch einige Jahre dauern. „Es ist ein sehr langfristiges Projekt und unser Ziel ist hoch gesteckt. Aber nur wenn man sich weit hinauslehnt, kommt man auch auf neues Terrain.“

Geistes- und Sozialwissenschaftliche Projekte waren kaum vertreten - dieser Trend war bereits in den letzten Jahren zu sehen. „Hier wäre es vielleicht ratsam, wenn junge Forscher und Forscherinnen schon mit einem fortgeschritten Projekt teilnehmen, um Ergebnisse präsentieren zu können“, erklärt die Soziologin Helga Nowotny.

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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