Teilchenbeschleuniger wird noch stärker

Der Teilchenbeschleuniger LHC soll künftig noch besser nach bisher unbekannten Teilchen suchen können. Am Dienstag wurde am Europäischen Kernforschungszentrum (CERN) in Genf ein Gerät eingeweiht, das dreimal mehr Energie hat als sein Vorgänger.

Die Protonen, die durch den Large Hadron Collider (LHC) sausen, beginnen ihre Reise in einem kleineren Beschleuniger, dem Linearen Beschleuniger Linac 2. Er übernimmt die erste Etappe in einer Art Staffellauf, bei der die Teilchen von Gerät zu Gerät weitergereicht und dabei Schritt für Schritt beschleunigt werden, bis sie schließlich im LHC im Zuge von Experimenten kollidieren.

Bis 2021 soll der Protonenstrahl im LHC noch höhere Energien erreichen und damit neue Erkenntnisse über das Higgs-Teilchen und vielleicht auch Hinweise auf eine neue Physik ermöglichen. Einen ersten Schritt dahin machte das CERN am Dienstag mit der Einweihung des Linac 4, eines neuen Linearen Beschleunigers, der den Linac 2 ersetzen soll.

Mehr Kollisionen von Teilchen ab 2020

„Wir freuen uns, diese beachtliche Errungenschaft zu feiern“, sagte CERN-Direktorin Fabiola Gianotti. Linac 4 sei das erste Schlüsselelement im ehrgeizigen Upgrade-Programm, das die Rate an Teilchenkollisionen - Luminosität genannt - im LHC deutlich erhöhen soll.

Der Bau des neuen Beschleunigers dauerte fast zehn Jahre, wie das CERN schreibt. Er ist etwa 90 Meter lang und liegt zwölf Meter unter der Erde. Nach einer gründlichen Testphase soll Linac 4 an den Beschleunigerkomplex des CERN angeschlossen werden, und zwar während einer längeren technischen Wartungspause von 2019 bis 2020.

Linac 4 wird negativ geladene Wasserstoffionen - also Wasserstoffatome mit zwei Elektronen - im ersten Schritt des Beschleuniger-Staffellaufs beschleunigen. Dabei erreicht das neue Gerät mehr als die dreifache der Energie seines Vorgängers Linac 2. Anschließend reicht es die Teilchen an den nächsten Beschleuniger weiter, den „Proton Synchroton Booster“, der sie weiter beschleunigt und die Elektronen entfernt, um daraus Protonen zu machen.

Standardmodell auf dem Prüfstand

Die Energiesteigerung und die Verwendung von negativ geladenen Wasserstoffionen als Ausgangsprodukt verdoppeln die Strahlintensität, die den LHC erreicht und steigern damit dessen Luminosität, die Anzahl der pro Zeiteinheit kollidierenden Teilchen. Bis 2025 soll sie sogar um den Faktor Fünf gesteigert werden, hieß es in der Mitteilung.

Mehr Kollisionen bedeuten auch mehr Daten, mit denen die CERN-Forschenden Teilchen wie das Higgs-Boson noch genauer vermessen wollen. Auch könnten sich in der höheren Anzahl Kollisionen seltene Prozesse finden, die mit den bisherigen Instrumenten nicht entdeckt werden konnten.

Letztlich geht es darum, dem Standardmodell der Teilchenphysik immer genauer auf den Zahn zu fühlen. Dieses mathematische Modell beschreibt einen Teil des Universums mit seinen Teilchen und Kräften sehr gut. Es wurde immer wieder in Experimenten bestätigt. Einige ganz elementare Dinge - wie beispielsweise die Gravitationskraft - passen jedoch in dieses Modell nicht hinein, weshalb Wissenschaftler nach einer neuen, umfassenderen Theorie suchen. Dabei sollen am CERN immer präzisere Messinstrumente helfen.

science.ORF.at/APA/sda

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