Zweihundert Jahre Morbus Parkinson

1817 beschrieb der britische Arzt James Parkinson in einem Essay erstmals die Schüttellähmung - jene Krankheit, der man später seinen Namen gab. Was man damals über die Erkrankung dachte und was sich seitdem getan hat, beleuchtet heute eine Veranstaltung in Wien.

Anfang des 19. Jahrhunderts beschrieb der deutsche Philosoph Wilhelm von Humboldt – der Bruder von Alexander von Humboldt – die Symptome seines eigenen Alterns: ein unangenehmes Zittern in den Füßen, langsame Bewegungen und motorische Probleme mit den Händen, etwa wenn er schreiben wollte. Heute wäre die Diagnose wohl Morbus Parkinson, die Parkinson-Krankheit. Damals kannte man die Erkrankung aber noch nicht – zumindest nicht in Deutschland, wo Humboldt lebte.

Von der Entdeckung bis zur ersten Therapie

„Parkinson betrachtete man bis ins frühe 19. Jahrhundert nicht als Krankheit. Dass man zitterte und sich langsamer bewegte, nahm man als gewöhnliche Alterserscheinungen wahr, “ erklärt Walter Pirker, Neurologe am Wiener Wilhelminenspital und Vorstandsmitglied der Österreichischen Parkinson Gesellschaft.

Veranstaltungshinweis

Gedenkveranstaltung 200 Jahre „An Essay on the Shaking Palsy“, Naturhistorisches Museum Wien, 22.5., 16:00 Uhr.

Wenige Jahre bevor Humboldt an der Krankheit litt, erschienen einem britischen Arzt die Symptome, die er an einem Patienten beobachtete, jedoch bemerkenswert: James Parkinson war 1817 der erste, der die Merkmale als Krankheitsbild betrachtete, so Pirker: „Parkinson beschrieb die zunehmende motorische Verlangsamung, die dann letztendlich auch zu einer massiven motorischen Behinderung führt. Er hat auch die Veränderung der Mimik, das Zittern, die leise Sprechweise, die vorgebeugt Haltung und die Gangstörung sehr präzise beobachtet.“

Eine Art Lähmung

Parkinson ging davon aus, dass es sich bei der Krankheit um eine Art Lähmung handeln würde und prägte den Begriff der Schüttellähmung. Therapiemöglichkeiten gab es nicht. Es wusste schließlich noch niemand von der Krankheit. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung gab es vor 200 Jahren viel weniger alte Menschen als heute und damit kaum Parkinsonfälle. Der Arzt machte sich also auch als erster Gedanken über eine Behandlung. Mit seinen Ansätzen war er allerdings auf dem Holzweg: Denn er dachte, das Problem läge im oberen Rückenmark und zog Operationen in Erwägung.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 22.5., 13:55 Uhr.

Erst 50 Jahre nach Parkinsons Entdeckung setzte 1867 der französische Neurologe Jean-Martin Charcot Atropin ein, ein pflanzliches Mittel, das zwar die Symptome linderte, aber viele Nebenwirkungen hatte. „Charcot erkannte, dass es sich bei der Krankheit nicht um eine Lähmung handelte und der Begriff der Schüttellähmung daher nicht passend war“, erklärt Pirker. Charcot benannte die Krankheit deshalb nach ihrem Entdecker Parkinson.

Dopa hilft seit dreitausend Jahren

In den nächsten hundert Jahren wurde dann allerhand experimentiert, unter anderem auch mit Strychnin und Arsen. In den 1940er Jahren konnte sich zunächst die Parkinson-Chirurgie durchsetzen, bis dann in den 1960er Jahren L-Dopa-Medikamente eingesetzt wurden. Aufgehört, nach Alternativen zu suchen, hat man aber nicht, sagt Pirker: „Dopa wirkt in den ersten Jahren gut, im Verlauf der Erkrankung wird die Wirkdauer von Dopa aber kürzer. Außerdem kann es zu abnormen Überbewegungen führen.“

Dass Ärztinnen und Ärzte Dopa einsetzten, war allerdings nur in der westlichen Medizin eine Neuheit. „Im Ayurveda, der traditionellen indischen Medizin, kennt man seit 3.000 Jahren eine Störung, die wahrscheinlich der Parkinsonkrankheit entspricht. Die indischen Ärzte haben früh herausgefunden, dass die sogenannte Juckbohne, Mucuna Pruriens, zu einer Besserung der Symptome führt“, weiß Pirker.

Die Juckbohne war damit schon vor Jahrtausenden die erste effektive Therapie. Der Grund: Parkinson basiert auf einem Dopaminmangel und die Juckbohne enthält viel Dopa, das das Gehirn mit Dopamin versorgt. Pirker sagt dazu: „1937 hat man rausgefunden, dass Mucuna Pruriens einen sehr hohen Dopa-Gehalt hat. Was man allerdings damals noch nicht wusste, ist, dass Dopa im Nervensystem eine Rolle spielt.“ So dauerte es noch etwa 30 Jahre, bis Medikamente mit Dopa auch in der westlichen Medizin zum Einsatz kamen.

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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