Weltwunder vor Wiederentdeckung?

Vor 131 Jahren hat ein Vulkanausbruch die wunderschönen „weißen Terrassen“ an der Küste Neuseelands zerstört. Nun könnte das „achte Weltwunder“, wie Zeitgenossen es beschrieben, wieder auferstehen – mit Hilfe eines österreichischen Geologen.

Die weißen, schwarzen und rosafarbenen Terrassen am Lake Rotomahana im Norden der Nordinsel Neuseelands galten im 19. Jahrhundert als Touristenattraktion. Sie sahen ähnlich aus wie die Kalksinterterrassen von Pamukkale, die viele Türkeireisende heute kennen: Hänge, an denen sich Minerale aus heißen Thermalwasserquellen abgelagert und Wasserbecken gebildet haben, die in der Sonne schimmern.

Am 10. Juni 1886 war es mit der Herrlichkeit des „tätowierten Felsens“ - wie die weißen Terrassen in der Sprache der indigenen Maori heißen - vorbei: Der nahe gelegene Vulkan Tarawera brach aus und schleuderte riesige Mengen Lava in die Luft. Rund 120 Menschen starben, aus dem Krater wurde der See, die Terrassen verschwanden.

Charles Blomfield (1848–1926): Title White Terraces, New Zealand

Public Domain

Charles Blomfield (1848–1926): White Terraces, Gemälde von 1884

Vermessungen eines k.u.k.-Geologen

Bis heute dachte man, dass sie irgendwo tief unter dem Grund des Lake Rotomahana liegen. Eine Forschungsarbeit macht nun aber Hoffnung, sie wiederzufinden – und zwar direkt am bzw. unter dem Ufer des Lake Rotomahana. Möglich gemacht hat den neuen Optimismus ein „Wahl-Österreicher“: Ferdinand von Hochstetter, geboren im deutschen Esslingen und nach seinem Umzug nach Wien erster Direktor der 1849 gegründeten k.u.k. Geologischen Reichsanstalt.

Der Naturforscher und Entdecker nahm Ende der 1850er-Jahre an der Novara-Expedition der Österreichischen Marine teil, die ihn bis nach Neuseeland führte. Hochstetter fertigte eine exakte Vermessung des Landes an – inklusive der Gegend um den Lake Rotomahana, 27 Jahre vor dem Vulkanausbruch, als die Terrassen noch standen.

Direkt unter dem Ufer?

„Hochstetter war ein sehr kompetenter Kartograf“, sagt nun der neuseeländische Forscher Rex Bunn. Gemeinsam mit Sascha Nolden hat er die Beschreibungen von Hochstetter in der aktuellen Studie neu ausgewertet. „Es ist die einzige geografische Vermessung, die jemals für diese Gegend Neuseelands gemacht wurde“, so Bunn gegenüber dem „Guardian“.

Nolden habe die Aufzeichnungen Hochstetters vor sechs Jahren in der Schweiz wiederentdeckt und dann ins Englische übersetzt, schreibt Bunn in einer Aussendung. Gemeinsam haben sie die geografischen Angaben dann in die heutige Zeit transportiert und so den Ort der verschwundenen Terrassen errechnet.

Sie seien nicht tief unter dem See begraben, wie noch 2011 Geologen gemutmaßt haben, sondern befinden sich zehn bis 15 Meter unter dem Ufer des Lake Rotomahana. Bewiesen ist das bisher nicht, deshalb wollen die Forscher nun Geld sammeln, um entsprechende Bohrungen und Radarmessungen durchzuführen.

Lake Rotomahana und dahinter der Mount Tarawera im Jahr 2011

EPA

Lake Rotomahana und dahinter der Mount Tarawera im Jahr 2011

Zusammenarbeit mit Maoris

Im besten Fall, so ihre Hoffnung, haben die Terrassen die über 130 Jahre unter der erkalteten Lava gut überstanden. Sie könnten dann ausgegraben werden und wieder „in altem Glanz“ erstrahlen. Ob das jemals der Fall sein wird, ist aus heutiger Sicht völlig unklar. Sicher ist, dass die Forscher die Zusammenarbeit mit den traditionellen Besitzern der Gegend brauchen und suchen.

Wie sich die Tuhourangi Tribal Authority, die örtliche Stammesvertretung der Maori, verhalten wird, bleibt abzuwarten. Ein Stammesältester zeigte sich in einem Interview skeptisch: „Sie werden keine Terrassen finden, das ist eine lang lang vergangene Geschichte.“ Andere Vertreter wiederum schwärmen bereits von den ausgegrabenen Terrassen und einer möglichen neuen Touristenattraktion.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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