Warum Radfahrer die Regeln brechen

Radfahrer und Autolenker sind keine natürlichen Feinde: Oft liegen die Gründe für ihre Konflikte in der Infrastruktur, meinen Salzburger Forscher. Mit Helmkameras und Bewegungssensoren haben sie die Gefahren für Radler im Straßenverkehr untersucht.

Eine Woche lang zeichneten 24 Radfahrer ihre täglichen Wege in Wien und Salzburg mit einer Helmkamera auf. Wo sich der einzelne Radler bewegte, wann er beschleunigte, bremste oder stoppte und wie er das Rad lenkte, wurde über ein Smartphone gemessen. Um die 500 Fahrten mit insgesamt circa 1.800 Fahrtkilometern analysierte das Forschungsprojekt.

Radfahrer nehmen Zebrastreifen, Autofahrer den Vorrang

Das Ergebnis: Wenn bei der Verkehrsplanung auf die Radfahrer vergessen wird, neigen sie dazu, die Fußgängerinfrastruktur zu verwenden, erklärt der Mobilitätsgeograph Jens Leitinger, der das Projekt BIKEALYZE für die Salzburg Research Forschungsgesellschaft leitete.

„Das zeigt sich zum Beispiel bei einem neu gebauten Kreisverkehr in Salzburg, wo Radfahrer oft den Zebrastreifen verwenden, ohne vom Rad abzusteigen“, so Leitinger. Aus der Studie geht auch hervor, dass Radfahrer rote Ampeln missachten. Andererseits nehmen Autofahrer den Radlern den Vorrang und überholen sie zu knapp. Auch das sogenannte „Dooring“ bei dem plötzlich die Autotür geöffnet wird, obwohl ein Radfahrer vorbeifährt, stellt ein häufiges Problem dar.

Fahrkomfort untersucht

In Wien müssen Radfahrer öfter stehen bleiben und an Ampeln warten als in Salzburg, sagt Leitinger. Florian Lorenz vom Wiener Projektpartner PlanSinn erklärt, dass innerhalb Wiens große Unterschiede bestehen: „Auf der Mariahilfer Straße läuft der Radverkehr sehr flüssig, aber am Schwarzenbergplatz häufen sich lange Stopps.“ Lorenz sieht darin eine Komfortminderung, die an langen Rotphasen für Radfahrer am Schwarzenbergplatz liegen könnte. Durch die Bewegungsaufzeichnungen kann der Fahrkomfort gut untersucht werden. Die Daten über Unebenheiten und Schlaglöcher will die Stadt Salzburg etwa verwenden, um die Probleme zu beheben.

Aufwendiger wird die Untersuchung, wenn es um Fragen der Sicherheit und um Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern geht. „Wenn wir die einzelnen Situationen analysieren wollen, müssen wir das gesamte Videomaterial anschauen und das ist sehr zeitintensiv“, erklärt Leitinger.

Bei der aktuellen Studie mit 24 Teilnehmern und einem Untersuchungszeitraum von einer Woche sei das noch möglich gewesen. Für eine größer angelegte Studie, die geplant ist, müsse man die Auswertungsmethoden noch verbessern. Das sei wichtig für eine umfassende Analyse von potentiellen Gefahrenquellen oder Konfliktsituationen, meint Leitinger: „Es gibt zwar Umfragen unter Radfahrern, aber dabei handelt es sich um subjektive Empfindungen. Um das besser bewerten zu können, brauchen wir gesicherte Daten.“

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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