Wie Hauskatzen Europa eroberten
Das berichtet ein Team um die Biologin Eva-Maria Geigl vom Forschungszentrum Jacques Monod in Paris.
Erbgut aus 9.000 Jahren untersucht
In Österreichs Haushalten leben nach Schätzungen zwischen eineinhalb und zwei Millionen Hauskatzen. Ihre wilden Verwandten gehören zur Art Felis silvestris, die sich in fünf Unterarten aufteilt. Nur eine davon, die Falbkatze (Felis silvestris lybica), wurde erfolgreich gezähmt, berichten die Biologen.
Studie
„The palaeogenetics of cat dispersal in the ancient world“, Nature Genetics, 19. 6. 2017
Um herauszufinden, wie das geschehen ist, haben sie die Überreste von mehr als 200 Katzen aus den vergangenen 9.000 Jahren untersucht. Darunter waren Tiere aus steinzeitlichen Fundstätten, aber auch Mumien aus dem alten Ägypten und Überreste aus Wikingergräbern.
Hierakonpolis Expedition
Die Biologinnen und Archäologen extrahierten die DNA aus Knochen und Zähnen und verglichen die Proben dann mit dem Genmaterial heutiger Hauskatzen. Aus den Ergebnissen schlossen die Forscher, dass die Katzen in zwei Wellen gezähmt wurden.
Nahöstliche und ägyptische Katzen
Forscher gehen davon aus, dass Bauern im Nahen Osten bereits vor rund 10.000 Jahren Katzen hielten. Sie sollten Nagetiere fressen, die sonst das gelagerte Getreide vernichtet hätten. Solche Katzen aus dem Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds gelangten der neuen Untersuchung zufolge bereits 4400 vor Christus nach Südosteuropa.
Im ersten Jahrtausend vor Christus kam dann eine weitere genetische Linie hinzu. So breiteten sich während des Römischen Reichs domestizierte Katzen aus dem Alten Ägypten aus. Sie erreichten Nordeuropa entlang der Handelsrouten im Mittelmeer-Raum.
Damals bedrohten Nager nicht nur die Lager von Bauern, sondern auch die Vorräte auf Schiffen. Für Hunderte Jahre waren die Nachfahren jener ägyptischen Katzen weiter verbreitet als die der Landwirtschaftskatzen aus den östlichen Gebieten. Heute findet sich das Genmaterial beider Linien in unseren Hauskatzen.
Ob die ägyptischen Hauskatzen aus dem Nahen Osten importiert wurden oder ob sie unabhängig davon hier ebenfalls domestiziert wurden, ist laut den Forschern unklar.
Fellzeichnung aus der Türkei
Sowohl die Verbreitung der Landwirtschaftskatzen als auch der Schiffskatzen aus dem Alten Ägypten ist vermutlich der Tatsache zu verdanken, dass die Tiere Nager in Schach hielten. Erst viel später wurde auch das Aussehen der Katzen für den Menschen wichtig, so ein weiteres Ergebnis der Biologen.
ORF, Lukas Wieselberg
Sie untersuchten die DNA-Proben nach Anzeichen für ein bestimmtes Fellmuster, das bei Wildkatzen nicht vorkommt. Diese getupfte oder gestreifte Fellzeichnung („Tabby“) tauchte demnach relativ spät in der westlichen Türkei auf und war erst im 18. Jahrhundert einigermaßen verbreitet.
Für die Wissenschaftler ist das ein Indiz dafür, dass die Züchtung von Katzen nach ästhetischen Gesichtspunkten erst relativ spät begann.
science.ORF.at/dpa