Wie man Bullying verhindert

Verspotten, bloßstellen, Gewalt androhen in Schule oder Freizeit: All das bezeichnet man als Bullying. Ein Programm der finnischen Universität Turku motiviert die Zuschauer, einzuschreiten - mit großem Erfolg.

Schon jeder fünfte Jugendliche klagt in Österreich laut einer kürzlich durchgeführten, internationalen Vergleichsstudie über regelmäßiges Bullying. Man müsse jenen den Rücken stärken, die das schikanöse Verhalten beobachten, aber nicht einschreiten, sagt die Psychologin Christina Salmivalli von der Universität Turku. Sie hat das Anti-Bullying-Programm KiVa federführend entwickelt. „Kinder und Jugendliche sollen nicht mitmachen oder dieses Verhalten unterstützen, indem sie signalisieren, dass das ein Spaß oder in Ordnung ist“, so Salmivalli im Interview mit Ö1.

Respekt trainieren, Hilfe holen

Was ist respektvolles Verhalten? Was soll man tun, wenn jemand ausgeschlossen wird? Fragen wie diese werden in Übungen und Diskussionen thematisiert, in einem Onlinespiel durchleben Kinder und Jugendliche Bullying und die damit verbundenen Herausforderungen. All das soll ihnen den Rücken stärken, im Fall von Bullying aktiv zu werden, Hilfe bei Lehrpersonal und Eltern zu holen.

Ö1-Sendungshinweis

Über das finnische Programm hat auch das Morgenjournal am 14.7.2017 berichtet.

2008 hat man damit begonnen, das Programm breit an finnischen Schulen auszurollen: „Schon im ersten Programmjahr haben wir an den beteiligten Schulen schöne Effekte gesehen. Die Häufigkeit von Bullying ist zurückgegangen, Haltung und Reaktionen der Kinder haben sich verändert.“ Um die Wirkung analysieren zu können, waren in das Programm von Anfang an regelmäßige Feedback-Schleifen integriert. Die Kosten für das Programm, für das die Universität Turku Lizenzgebühren einhebt, hat flächendeckend das finnische Bildungsministerium übernommen.

Tausende Fälle verhindert

Eine 2012 veröffentlichte Evaluierung spricht von bis zu 12.500 Bullying-Fällen pro Jahr, die durch das Programm verhindert werden. Nicht nur das gegenseitige Niedermachen und Verspotten ist weniger geworden: „Wir haben auch Angstzustände abgefragt und festgestellt, dass sie an den Partnerschulen zurückgegangen sind“, so Salmivalli, die anlässlich des Europäischen Kongresses für Gesundheitsförderung und Prävention in Krems war. Gestiegen ist im Gegenzug die Wertschätzung für die Lehrerinnen und Lehrer, weil sie als kompetente Partner wahrgenommen werden.

Heute setzen mehr als 90 Prozent der finnischen Grundschulen das Anti-Bullying-Programm der Universität Turku um, das es für alle Altersstufen bis 15 gibt. Und es wird mittlerweile exportiert, sogar bis nach Neuseeland und Chile. Wichtig ist laut Psychologin Salmivalli, dass das Programm keine einmalige Schulstunde ist, sondern ständiger Begleiter im Schulalltag - eben ganz wie Bullying selbst auch.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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