Biokunststoff: Zitrusfrüchte statt Chemie

Ob Plastikflasche oder Campinggeschirr: Viele Kunststoffe enthalten Bisphenol A, eine Chemikalie, die den menschlichen Hormonhaushalt beeinflussen kann. Forscher arbeiten nun an einer Alternative: Bioplastik aus Zitronen, Orangen oder Pomeranzen.

Man nehme eine Zitrone aus dem eigenen Garten und etwas Kohlendioxid aus der Luft und schon hat man einen Kunststoff, der viel nachhaltiger ist als herkömmlicher. So beschreibt der Niederländer Arjan Kleij, der am Institut für chemische Forschung Kataloniens arbeitet, seinen Biokunststoff.

Alternative zu Bisphenol A

Während klassische Kunststoffe aus Erdöl gewonnen werden und das Treibhausgas CO2 freisetzen, verbraucht der Biokunststoff aus Zitronen CO2. Er besteht nämlich aus Kohlendioxid und Limonen. Limonen ist ein Naturstoff, der aus Zitrusfrüchten gewonnen wird und zur Gruppe der Terpene zählt. „Aus Abfall und erneuerbaren Komponenten wird also ein neuer Rohstoff hergestellt“, erklärt der Chemiker Kleij.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 25.7. um 12:00

Doch Plastik ist nicht gleich Plastik und so muss auch der Biokunststoff bestimmte Eigenschaften aufweisen, um industriell verwertbar zu sein. Der aus Limonen hergestellte Kunststoff könnte eine Alternative für flexibles und elastisches Plastik sein. Plastik, das bisher mit dem Weichmacherzusatz Bisphenol A produziert wurde. „Wenn man sich die Eigenschaften unseres biologischen Kunststoffes ansieht dann sind das die gleichen Eigenschaften, die auch Kunststoffe aufweisen, die auf Bisphenol A basieren.“, erläutert Arjan Kleij.

Hitzebeständig und erneuerbar

Das Bioplastik aus Zitronen verfügt über eine hohe Glasübergangstemperatur, ist also besonders hitzebeständig. Es fängt erst bei hohen Temperaturen an sich zu verformen oder gar zu schmelzen. Eine wichtige Voraussetzung für die Produktion von vielen Alltagsgegenständen, wie etwa Trinkbechern.

Terpene sind leicht extrahierbar und ein natürlicher Rohstoff. Falls von Seiten der Industrie ehrliches Interesse besteht das Bisphenol A zu ersetzen, könne man das schrittweise tun, schlägt Arjan Kleij vor. So könnte man bereits jetzt einen Teil des Bisphenol A durch Limonen ersetzen, ohne dass der Kunststoff seine thermischen Eigenschaften einbüßt.

Vom Labor in den Alltag

Im Labor wird das Bioplastik derzeit noch in kleinen Mengen hergestellt. Gerade einmal so groß wie ein Zuckerwürfel, erklärt Arjan Kleij. Doch es gebe bereits eine Kooperation mit einem Industrieunternehmen, das an Plastikbeschichtungen arbeitet und den neuen Bio-Kunststoff ausprobiert.

Arjan Kleij und sein Team wollen ihren Biokunststoff aus Zitronen zukünftig effizienter produzieren. Dafür arbeiten sie mit Partnern aus der Industrie zusammen. Ihr gemeinsames Ziel: Das Bioplastik aus den Petrischalen des Labors in die Plastikflaschen, Handyhüllen und Verpackungen unseres Alltags zu bringen. „Um das zu erreichen, benötigt man nicht nur einen einzigen Biokunststoff, sondern wir brauchen so viele verschiedene Kunststoffe wie es Anwendungsbereiche für Plastik gibt.“

Juliane Nagiller, Ö1 Wissenschaft

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