Die Stimmung von Tierstimmen erkennen
Anhand der Lautäußerungen zu erkennen, in welcher Stimmung sich ein Tier befindet, sei essenziell für das Überleben gewesen, schreibt ein Team um den Biopsychologen Onur Güntürkün von der Ruhr-Universität Bochum. Vermutlich sei diese Fähigkeit daher im Laufe der Evolution bereits früh entstanden.
Von Frosch bis Affe
Die Wissenschaftler hatten Laute von neun verschiedenen Wirbeltieren zusammengestellt: Bromelien-Laubfrosch, Mississippi-Alligator, Hausschwein, Schwarzkopfmeise, Kolkrabe, Afrikanischem Elefant, Großem Panda, Berberaffe und Mensch.
Studie
“Humans recognize emotional arousal in vocalizations across all classes of terrestrial vertebrates: evidence for acoustic universals", Proceedings of the Royal Society B, 26. 7. 2017
Die Aufnahmen gaben jeweils unterschiedliche emotionale Erregtheitszustände wieder. Solche Stimmungen können von schläfriger Langeweile über erhöhte Wachsamkeit bis zu ausgesprochener Aufgeregtheit reichen. Von jeder Art gab es eine Aufnahme mit hoher und eine mit geringer Erregung. Die Aufnahmen wurden jeweils 25 Menschen mit unterschiedlichen Muttersprachen vorgespielt: Englisch, Deutsch und Mandarin. Die Probanden sollten dann jeweils angeben, wann das Tier stärker erregt war.
Tonbeispiel 1: Entspanntes (oben) und aufgeregtes Schwein (unten) Credit: Pavel Linhart
Das Ergebnis: Menschen können ziemlich zuverlässig angeben, wann ein Tier emotional in Aufruhr ist. Bei der Beurteilung eines anderen Menschen erreichten sie eine Trefferquote von 95 Prozent, beim Mississippi-Alligator von 87 Prozent und beim Berberaffen immerhin noch 60 Prozent.
Tief verwurzelte Fähigkeit
Die Forscher fanden weiter, dass es bestimmte akustische Parameter sind, anhand derer die Laute beurteilt werden: zum einen der Grundton, die tiefste Frequenz in einem Frequenzgemisch, zum anderen der sogenannte spektrale Schwerpunkt, die mittlere Frequenz des gesamten Spektrums des Lautes. Ein hoher spektraler Schwerpunkt weist auf einen hellen Klang hin, ein tiefer auf einen dunklen Klang.
Tonbeispiel 2: Entspannte (oben) und aufgeregte Meise (unten)
Credit: Jenna V. Condon, John Hoang und Christopher B. Sturdy
Dass Menschen unterschiedlicher Herkunft den Erregungszustand gleich gut beurteilen können, deute darauf hin, dass die Fähigkeit biologisch tief verwurzelt ist, schreiben die Wissenschaftler.
Genau davon sei bereits der Evolutionsforscher Charles Darwin vor über 100 Jahren ausgegangen. Vermutlich verfügten alle Wirbeltiere über einen gemeinsamen, grundlegenden Mechanismus zur Äußerung emotionaler Zustände, der ein Art einheitliches Signalsystem darstelle.
science.ORF.at/dpa