Empfehlung zur Einnahmedauer angezweifelt

Eine Antibiotika-Packung soll man immer komplett aufbrauchen, heißt es. Laut Forschern gibt es aber keinen Beweis dafür, dass eine kürzere Behandlung die Gefahr resistenter Bakterien vergrößert. Im Gegenteil: Eine längere Einnahme erhöhe sogar das Risiko von Resistenzen.

Antibiotika-Packungen immer aufzubrauchen - auch, wenn es dem Patienten bereits besser geht, empfiehlt unter anderem die Weltgesundheitsorganisation. Das Argument: Bei einem vorzeitigen Ende der Behandlungen könnten nicht alle Bakterien abgetötet und damit die Bildung resistenter Keime gefördert werden.

Die Studie

„The antibiotic course has had its day“, British Medical Journal, 26.7.2017

Der Infektionsexperte Martin Llewelyn von der Brighton and Sussex Medical School in Großbritannien und mehrere Kollegen halten nun dagegen. Demnach gebe es keinen Beweis dafür, dass eine kürzere Behandlung mit Antibiotika weniger effektiv ist oder gar die Bildung resistenter Bakterien fördert, die sich mit Antibiotika nicht mehr oder nur noch schwieriger bekämpfen lassen.

Neue Richtlinie gefordert

Bei einer Behandlung mit Antibiotika könnten vielmehr eigentlich harmlose Bakterien im menschlichen Körper oder auf der menschlichen Haut Resistenzen entwickeln - und später Infektionen auslösen. Je länger eine Antibiotika-Behandlung andauere, desto stärker sei dieser Effekt.

Llewelyn und seine Kollegen werben deswegen dafür, die Empfehlungen für die Einnahme von Antibiotika zu überarbeiten. Möglicherweise sei es das Beste, die Behandlung zu beenden, wenn es den Patienten besser gehe - unabhängig davon, wie viele Pillen sich noch in der Packung befinden.

Mehrere Wissenschaftler stellten sich hinter die im „British Medical Journal“ veröffentlichten Schlussfolgerungen. „Möglicherweise sollten Antibiotika nur verwendet werden, um die Bakterienlast auf ein Level zu bringen, mit dem das menschliche Immunsystem umgehen kann“, erklärte etwa der Vorsitzende der Britischen Gesellschaft für Immunologie, Peter Openshaw. In bestimmten Fällen, etwa bei einer Tuberkulose, sei dies aber anders.

science.ORF.at/APA/AFP

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