Vom Schneckenschleim zum Klebstoff
Während sich viele beim Anblick von Nacktschnecken angeekelt wegdrehen, schwärmt David Mooney von der Harvard University nahezu, wenn es um den Schleim der Braunen Wegschnecke geht: „Was uns so fasziniert ist, dass diese Schnecken normalerweise einen Schleim produzieren, der nicht klebrig ist und auf dem sie dahingleiten, wenn sie sich fortbewegen.“ Fühlen sie sich bedroht, produzieren die Tiere aber einen Schleim, der stark klebend ist. Dieser Schleim ist klebrig und trotzdem elastisch. Und er klebt sogar auf nassem Untergrund.
Jianya Li, Adam D. Celiz, David J. Mooney
Die Studie
„Tough adhesives for diverse wet surfaces“, Science, 27.7.2017
Der „Angstschleim“ der braunen Wegschnecke erfüllt also alle Eigenschaften, die ein medizinischer Kleber aufweisen muss, um ihn im menschlichen Körper einsetzen zu können. Der Professor für Bioingenieurwesen hat in seinem Labor in Boston den Kleber der Schnecken nachgebaut.
Klebrig und flexibel
Der Bioklebstoff besteht aus zwei unterschiedlichen Schichten. Die erste Schicht muss sehr stark am Material haften. „Das molekularen Polymers geht klebende Bindungen mit dem Gewebe ein und hält auch den Rest des Klebstoffes zusammen“, so Mooney. Die zweite Schicht besteht aus einem sogenannten Hydrogel - ein wässriges Gel, das Energie aufnehmen kann, ähnlich wie ein Stoßdämpfer bei einem Auto. Die Kräfte, die auf die Klebefläche einwirken, werden so vom Kleber selbst aufgenommen - ohne dass die Klebewirkung beeinträchtigt wird.
Ö1 Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 28.7. um 12:00.
Der von Mooney und seinen Kollegen entwickelte Klebstoff ist viel stärker als herkömmlicher medizinischer Klebstoff. Er klebt trotz Blut und anderer Körperflüssigkeiten. Und dabei wird er nicht hart, sondern bleibt flexibel, kann sich also an den Körper und seine Bewegungen anpassen.
Jianya Li, Adam D. Celiz, David J. Mooney
Die Belastungstests im Labor waren äußerst erfolgreich, berichtet der Bioingenieur: „Im Unterschied zu bisherigen Klebstoffen ist der neue Bioklebstoff nicht zellschädigend. Man kann mit ihm Blutungen stillen, ihn unter der Haut einsetzen oder damit medizinische Implantate an Gewebe fixieren.“ Die medizinischen Anwendungsbereiche sind also vielfältig. „Er kann im Körper immer dann eingesetzt werden, wenn man ein Gewebe an ein anderes oder ein Material an ein Gewebe kleben muss“, ergänzt Mooney.
Bisher wurde der Klebstoff im Labor hergestellt und an Tieren getestet. Die Ergebnisse stimmen David Mooney aber zuversichtlich, dass der Klebstoff bald auch in größeren Mengen produziert und eingesetzt werden kann.
Juliane Nagiller, Ö1-Wissenschaft