Verbauung lässt Temperaturen steigen

Die zunehmende Verbauung sorgt für mehr warme und heiße Tagen, besonders in Städten. Maßnahmen wie Begrünung, reflektierende Dachfarben und eine andere Bebauung könnten die Hitzebelastung vermindern, so das Ergebnis eines Projekts.

Laut Daten des Umweltbundesamts wurden in den vergangenen zehn Jahren in Österreich pro Tag durchschnittlich 20 Hektar verbaut, in einem Jahr 73 Quadratkilometer. Das entspricht mehr als der Fläche des Attersees und Traunsees zusammen oder der halben Fläche des Neusiedler Sees.

In der Periode 2014 bis 2016 ging die tägliche Versiegelungsrate etwas zurück und lag bei 14,7 Hektar - das entspricht immer noch einer Größe von rund 24 Fußballfeldern. Da „verbetonierter“ Boden kein Wasser aufnehmen und speichern kann, steigt dadurch die Gefahr von Überschwemmungen und Dürren. Außerdem sind versiegelte Flächen deutlich wärmer als Grünland, weil die kühlende Wirkung der Verdunstung fehlt.

Besonders markant sei der Temperaturanstieg in Großstädten, so die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und Joanneum Research in einer Aussendung. Die Verbauung von Grünflächen (Verdichtung) sorge zusätzlich zur Klimaerwärmung für mehr heiße Tage und verhindere eine deutliche Abkühlung in der Nacht. Infolgedessen führt die vermehrte Hitze wiederum zu einer Zunahme von gesundheitlichen Problemen in der Bevölkerung, zum Beispiel Herz- und Kreislaufbeschwerden.

Reflektoren oder Begrünung

Maßnahmen im Städtebau können die Hitze deutlich reduzieren und den Auswirkungen des Klimawandels entgegenwirken. Diese Effekte sind je nach Lage und Struktur der Stadt sehr unterschiedlich. Die ZAMG untersucht daher mit Hilfe von sehr kleinräumigen Computersimulationen, wie Begrünung, Wasserflächen, reflektierende Dachfarben und die Art der Bebauung die extreme Hitzebelastung effizient mindern können.

Derzeit ist das Klima-und-Energiefonds-Smart-Cities-Demoprojekt „Jacky_cool_check“ in der Endphase, das Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel für den Grazer Wohn- und Gewerbebezirk Jakomini untersucht. „Wir haben dafür Szenarien zu sehr drastischen städtebaulichen Eingriffen berechnet, um zu sehen, auf welche Maßnahmen das Stadtklima von Jakomini am stärksten reagiert,“ so die ZAMG-Stadtklimaforscherin Maja Zuvela-Aloise. „Deckt man zum Beispiel alle Dächer mit einem Material, das 70 Prozent der Sonnenstrahlung reflektiert, sinkt in Jakomini die durchschnittliche Zahl der Tage mit mindestens 25 Grad Celsius um fünf bis zehn Tage. Einen ähnlichen Effekt würde auch die Begrünung der gesamten vorhandenen Dachflächen bewirken.“

Kombinierte Maßnahmen

Derart weitreichende Maßnahmen sind in der Realität zumeist nicht umsetzbar. Beispielsweise sind in Graz-Jakomini baulich bedingt überhaupt nur elf Prozent der Dachflächen begrünbar. „In der Praxis geht es daher um eine optimale Kombination einzelner Maßnahmen“, sagt Klimaforscherin Zuvela-Aloise, „wie zum Beispiel die Begrünung einer Fassade in Kombination mit einer Änderung der Dachfarbe und der Erhaltung vorhandener Grünflächen. Unsere Berechnungen zeigen dabei, welche der Maßnahmen und deren Kombinationen im kleinräumigen Klima einer Stadt oder eines Bezirkes am besten wirken.“

Wie schnell sich das Kleinklima einer Stadt verändern kann, zeigen im Projekt erhobene Daten zur Bebauung. In nur sieben Jahren, von 2004 bis 2011, nahm die verbaute Fläche in Graz-Jakomini um drei Prozent zu, die Grünflächen nahmen im gleichen Ausmaß ab. In den vergangenen Jahren sei das Wissen und das Bewusstsein zum Thema Städtebau und regionales Klima jedoch deutlich gewachsen.

science.ORF.at/APA

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