Von Tirol in die Arktis

Zum zwanzigsten Mal war der Gebirgsforscher Günter Köck auf seiner jährlichen Arktis-Expedition. Sein Fazit: Der Klimawandel zeichnet sich immer deutlicher ab, er ist mittlerweile mit freiem Auge erkennbar.

Eigentlich hat Günter Köcks Arktisforschung im österreichischen Tiefland angefangen: Vor rund 25 Jahren untersucht er Schadstoffkonzentrationen in Fischen aus heimischen Flüssen und Seen. „Dafür haben wir natürlich zum Vergleich eine Baseline gebraucht“, erklärt Günter Köck und kam auf die Idee, dass in Tiroler Hochgebirgsseen wohl recht unbelastete Fische zu finden sind. Sie wollte er als Ausgangswert für seine Studien verwenden.

Lake Hazen

High Arctic Expedition (Günter Köck,Charlie Talbot)

Lake Hazen

„Nur dann haben wir festgestellt, dass die Seesaiblinge dort oben enorm hohe Schwermetallkonzentrationen aufweisen“, so Köck „wir haben dann nachgedacht, wieso das so ist, und kamen schnell auf die steigenden Temperaturen. Daraus entstand die Idee, dass es eine Art globales Biomonitoringsystem für Einflüsse des Klimawandels auf Gewässersysteme sein könnte, wenn wir Hochgebirgsseen und arktische Seen untersuchen.“

Arbeit in der Wildnis

Jedes Jahr also pilgert Günter Köck, der mittlerweile am Institut für Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften arbeitet, in die nördliche Nunavut-Provinz Kanadas. Die abgeschiedene Forschungsstation in Resolute Bay ist der Ausgangspunkt für die Sammlung von Proben: Fische, Wasser, Sedimente.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagsjournal am 9.8. um 12:00

Rund 1.000 km nördlich liegt der Lake Hazen, ein paar hundert Kilometer vom Nordpol entfernt. Die Landschaft dort und auf dem Weg dorthin ist fast wie aus einer anderen Welt: endlose Gebirgsformationen durchzogen von Eis und Schnee, die Grautöne manchmal durchbrochen von umso leuchtenderem Rot oder Gelb. Die Forschungsstationen sind umgeben von endloser polarer Wüste.

Landschaft um den Lake Hazen

High Arctic Expedition (Günter Köck,Charlie Talbot)

Landschaft um den Lake Hazen

Die größte Herausforderung beim Arbeiten in der Arktis ist das Wetter, erklärt Günter Köck – es kann schnell umschlagen und extreme Stürme bringen. Besonders schwierig macht das die Arbeit am abgelegenen Lake Hazen, wo Köck dieses Jahr alleine mit seinem Kollegen Charlie Talbot unterwegs war: „Wenn ein Sturm aufzieht, während man im kleinen Boot auf dem See ist, kann das lebensgefährlich sein“, erklärt Köck.

Komfort im Küchenzelt

In Resolute Bay könne man mit Wettervorhersagen arbeiten, bei der Arbeit in noch abgelegeneren Gebieten muss man sich auf die eigene Erfahrung verlassen. Und muss sich in vielerlei Hinsicht auf mehr Wildnis einstellen: „Beim Lake Hazen wohnen wir entweder in Zelten, oder dieses Jahr eher einem zeltartigen Gebäude, wo es dann etwas wärmer war. Die Forschungsstation in Resolute Bay ist erheblich komfortabler, dort gibt’s ein ‚Restaurant‘ und Labors, wo wir Untersuchungen im Warmen durchführen können, all das gibt’s am Lake Hazen natürlich nicht. Dort hat man noch ein richtig abenteuerliches Expeditionsgefühl.“

Wolf in der Arktis

High Arctic Expedition (Günter Köck,Charlie Talbot)

Wolf zum Frühstück, vor dem Küchenzelt

Klimawandel mess- und spürbar

20 Seesaiblinge darf Köck für seine Forschung fischen, das sechsköpfige Team hat heuer genau diese Anzahl erreicht, freut sich der Forscher. Sie sammeln aus unterschiedlichen Seen: solche, in die weniger oder kaum Schmelzwasser kommt, dienen zum Vergleich, mit jenen, in denen Schadstoffe durch die wärmeren Temperaturen zunehmen.

Eigentlich ist Fischerei in dem Naturschutzgebiet ganz verboten, Günter Köck konnte aber mit den Behörden der einheimischen Inuit ein Abkommen erreichen: „Wir sind die einzigen, die da überhaupt fischen dürfen, und das ist natürlich ein Riesenprivileg. Ich bin einigermaßen stolz darauf, dass ich dort als Österreicher nicht nur die erste Tiefenkarte des Sees erstellen konnte, sondern dort fischen darf und die Ergebnisse in die internationale Wissenschaft einbringen kann.“

Einheimische mit Fisch

High Arctic Expedition (Günter Köck,Charlie Talbot)

Einheimische mit Fisch

Die untersuchten Fische weisen steigende Konzentrationen von Schwermetallen auf. Luftströmungen bringen Schadstoffe über die Arktis; über Jahrzehnte sind diese als Regen niedergegangen und im Eis gefroren gewesen. Das Schmelzwasser bringt sie jetzt in unberührte arktische Seen.

Allein durch die Besuche merke man, dass der Klimawandel die Umwelt verändert, sagt Günter Köck: „Ja, der Klimawandel ist eindeutig mit freiem Auge zu sehen. In der Umgebung von Resolute Bay gibt es mittlerweile mehr Feuchtgebiete und wenn der Permafrost auftaut, dann gibt es vermehrt Pflanzenbewuchs. Es gibt auch mehr Seen und durch die großen Wasserflächen bildet sich mehr Nebel und dadurch kommt es auch zu erheblich mehr Flugausfällen als früher.“ Das Wetter erschwere mittlerweile öfter die Arbeit und Reise, erzählt Köck. So wie auch auf die letzte Heimreise, die voriges Wochenende angedacht war: Wegen Sturm und Nebel musste Köck bis Montag warten.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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