Kaugummi registriert Entzündungen im Mund

Ein Kaugummi-Schnelltest soll künftig frühzeitig bakterielle Entzündungen im Mund erkennen helfen. Das Prinzip ist simpel: Im Falle einer Entzündung schmeckt der Kaugummi nach wenigen Minuten bitter.

Diese Schnelldiagnose könnte vor allem für Träger von Zahnimplantaten sinnvoll sein, erklärt Lorenz Meinel vom Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie an der Universität Würzburg. „Das Hauptproblem mit Implantaten ist, dass sich nach fünf oder zehn Jahren Bakterien dort entwickeln können. Und der Patient merkt die Entzündungen im Mundraum nicht, weil durch die Implantate die Nerven komplett zerstört sind.“

Das betreffe ein bis fünf Prozent aller Implantate. Eine Entzündung könne dann im schlimmsten Fall schon viel Gewebe und Knochen zerstört haben, bevor sie entdeckt werde. Menschen ohne Implantate erkennen bakterielle Entzündungen meist sofort anhand von Schwellungen und Schmerzen.

Über das Verfahren berichten Meinel und sein Team nun im Fachjournal „Nature Communications“. Für erste Tests hatten die Forscher den Speichel von gesunden und erkrankten Patienten der Zahnklinik in Rimini genutzt.

Inhaltsstoff reagiert auf Enzyme

„Der Kaugummi erkennt jede Form von bakterieller Belastung im Mundraum“, sagt Meinel. Er reagiere besser als die bisher genutzten Farbstreifen und schneller als Tests mit Stäbchen, die erst im Labor analysiert werden müssten. Bei leichten Zahnfleischentzündungen schlage der Kaugummi jedoch nicht an.

In den Kaugummi haben die Forscher einen speziellen Inhaltsstoff eingebaut, der auf bestimmte proteinabbauende Enzyme reagiert, die bei Entzündungen im Mund entstehen. Diese zerschneiden den Stoff, wodurch ein vorher nicht zu schmeckender Bitterstoff frei wird. Der Patient könnte in diesem Fall zu seinem Zahnarzt gehen, der die Diagnose bestätigt und die Entzündung behandelt.

Bei Entzündungen werden im Mund spezifische protein-abbauende Enzyme aktiviert. Innerhalb von nur fünf Minuten zerschneiden sie auch einen speziellen Inhaltsstoff des Kaugummis. Dadurch wird ein Bitterstoff frei, der vorher nicht zu schmecken war.

Suche nach neuen Markern

Frank Schwarz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie, bezeichnet den Kaugummi als „innovatives Verfahren“, das aber noch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit benötige. Seiner Meinung nach hat das Team um Meinel noch nicht den idealen Marker für eine beginnende Entzündung als Grundlage für die Wirkung des Kaugummis genommen, weil der gewählte auch bei Heilung freigesetzt werde.

Nach solchen Markern suche die Zahnmedizin seit Jahren intensiv. „Wenn es gelänge, spezifische Marker von Entzündungsprozessen frühzeitig beim Kauen eines Kaugummis nachzuweisen, wäre dies sicherlich ein Vorteil für Patienten und Zahnärzte“, so Schwarz.

Noch ist der Kaugummi nicht marktreif. Nach klinischen Tests am Menschen könnte er nach Angaben der Forscher schon in den nächsten zwei bis drei Jahren von Patienten und Zahnärzten genutzt werden.

science.ORF.at/dpa

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