Forscher „jagen“ die Sonnenfinsternis

Dieser Montag ist so etwas wie vorgezogene Weihnachten für Astronomen: Denn auf dem amerikanischen Kontinent zeigt sich eine totale Sonnenfinsternis. Forscher der NASA werden das seltene Ereignis unter die Lupe nehmen - mit Hilfe zweier Bomber aus dem Kalten Krieg.

Ellington Field nennt sich ein kleiner Flughafen in Texas. Hier stehen zwei uralte Flugzeuge. Die Canberra-B-57-Bomber haben schon bessere Zeiten gesehen: In den 50er und 60er Jahren waren sie das Vorzeigestück der amerikanischen Luftwaffe.

Sie sind längst umgebaut zu Forschungsflugzeugen, kommen aber nur noch selten zum Einsatz. Heute Abend sollen sie jedoch noch einmal eine Sternstunde erleben: Die beiden Flugzeuge werden von Ellington Field aus nach Norden starten, in Richtung Missouri. Ungefähr über St. Louis werden die beiden Maschinen in den Schatten des Mondes fliegen. Dann kann mit den Beobachtungen begonnen werden - mit Hilfe zweier Teleksope, montiert auf den beiden B-57-Bombern.

Zwei B57-Bomber vor der verdunkelten Sonne

NASA/Faroe Islands/SwRI

Montage: Dieses Bild könnte sich den Piloten bieten

Die Teleskope vorne, in der Nasenspitze der beiden Flugzeuge, sollen während der Sonnenfinsternis die Sonne beobachten - oder genauer: den Kranz aus Licht, der von ihr noch übrig ist, wenn sich der Mond vor die Sonnenscheibe schiebt. Der Mondschatten bewegt sich mit mehr als 2.000 km/h über die Erde. Die Flugzeuge sind aber nur rund 700 km/h schnell. „Der Schatten des Mondes wird sich den beiden Bombern von hinten nähern und über sie hinweggleiten“, erklärte Amir Caspi, Solarphysiker am Southwest Research Institute in Boulder, Colorado, und Chefwissenschaftler dieses Projekts.

Teleskope im Tandem

Dass die US-Raumfahrtbehörde NASA zwei Flugzeuge für dieses Manöver einsetzt, ist der Trick bei der Sache. Eine Maschine nämlich fliegt in etwa 100 Kilometer Abstand vor der anderen her. „Wir nutzen die Flugzeuge als ein Tandem“, ergänzte Daniel Seaton von der amerikanischen Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA. Wenn die Sonnenfinsternis für das eine Flugzeug ende, beginne sie für das weiter vorne fliegende. „So erreichen wir insgesamt eine Verfinsterung von sieben oder acht Minuten.“

Auf dem Boden dauert die Phase der totalen Dunkelheit nur etwa zweieinhalb Minuten. Die so gewonnen Zeit sollen die Teleskope vor allem dazu nutzen, die Atmosphäre der Sonne, die Korona, zu untersuchen. Die ist mit mehreren Millionen Grad wesentlich heißer als die Sonnenoberfläche mit „nur“ rund 6.000 Grad.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Morgenjournal am 21.8. um 8.00 Uhr.

Welche Hitzewellen oder Explosionen auf der Sonne solche Temperaturen entstehen lassen, ist von den Solarphysikern immer noch nicht so recht verstanden. Aus dem Flugzeug lässt sich das sogar besser untersuchen als im Weltraum, in unmittelbarer Sonnennähe. „Im All haben wir natürlich einen großartigen Blick auf die Sonne“, so Daniel Seaton, „aber unser Sonnenbeobachtungssatellit SDO schießt nur alle paar Sekunden ein Foto.“ Um die Bewegung in der Sonnenatmosphäre abbilden zu können, werden die Teleskope in den Flugzeugen 30 Bilder pro Sekunde aufnehmen.

Suche nach rätselhaften Vulkanoiden

Doch die Teleskope werden ihren Blick nicht nur auf die Sonne lenken. Denn ist die Sonne dunkel, werden andere Himmelsobjekte in ihrer Nähe sichtbar. Auch den sonnennächsten Planeten Merkur sollen die Teleskope ins Visier nehmen. Normalerweise wird der ständig vom Licht der Sonne überstrahlt.

Und zwischen Merkur und der Sonne vermuten Astronomen einen weiteren Asteroidengürtel. Er soll aus Vulkanoiden bestehen, Brocken aus Gestein, die von der Sonne bis fast auf Schmelztemperatur erhitzt werden. Ob sie wirklich existieren, weiß niemand. Die Sonnenfinsternis könnte dabei helfen, sie nachzuweisen.

Total Eclipse: Bei einer totalen Sonnefinsternis erscheint die Sonne als dunkle Scheibe mit Strahlenkranz

NASA/GSFC/CI Lab

Eine Sonnenfinsternis ermöglicht die Suche nach unscheinbaren Objekten im All

Noch stehen die beiden altgedienten Bomber in ihrem Hangar auf dem Flugplatz Ellington Field. Heute Abend werden sie bis in eine Höhe von 15 Kilometern steigen, in die Stratosphäre. Dort trüben nur noch wenige Luftmoleküle den Blick ins All. Und dort ist der Himmel auch ohne Sonnenfinsternis 20- bis 30-mal dunkler als auf dem Boden. Beste Voraussetzungen also, um binnen sieben Minuten einen Blick auf gleich mehrere Rätsel des inneren Sonnensystems zu werfen – eine Gelegenheit, wie sie nur alle paar Jahrzehnte einmal vorkommt.

Wer heute Abend live dabei sein möchte, der sollte ab ungefähr 19.30 Uhr im Internet bei NASA TV vorbeischauen. Dort werden die Bilder aus den Flugzeugen live übertragen.

Guido Meyer, science.ORF.at

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