Hohe Dopingdunkelziffer im Spitzensport

Im Spitzensport wird wesentlich mehr gedopt, als nachgewiesen wird. 30 Prozent der Starter der Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2011 und 45 Prozent der Sportler bei den Pan-Arabischen-Spielen 2011 gaben in einer Studie an, Dopingmittel genommen zu haben.

Die von Forschern der Universität Tübingen und der Harvard Medical School durchgeführte Studie hatte die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Auftrag gegeben. Allerdings verweigerten die WADA und der Leichtathletikweltverband IAAF jahrelang die Zustimmung für eine Veröffentlichung.

Bereits 2015 waren schon Einzelheiten der Untersuchung in den USA und im Zusammenhang mit dem systematischen Doping in Russland bekanntgeworden. Bis 2015 war Lamine Diack Präsident der IAAF. Die französische Justiz ermittelt gegen den Senegalesen unter anderem wegen mutmaßlicher Vertuschung von Doping gegen Geld im Amt.

Biologische Tests unzulänglich

Für die Studie haben die Wissenschaftler bei der Leichtathletik-WM und bei den Pan-Arabischen-Spielen 2.167 Teilnehmer unter Wahrung der Anonymität befragt, ob sie vor den Wettkämpfen gedopt hätten. Insgesamt starteten bei beiden Veranstaltungen 5.187 Sportler.

Mit biologischen Testverfahren wurde nur ein Bruchteil der Dopingfälle erkannt: 0,5 Prozent der Tests bei der WM in Daegu waren positiv. Bei den Pan-Arabischen-Spielen in Doha waren es 3,6 Prozent. „Die Studie macht deutlich, dass durch biologische Tests von Blut- und Urinproben bei Weitem nicht alle Dopingfälle aufgedeckt werden“, erklärt Harrison Pope von der Harvard Medical School. „Wie in der Publikation beschrieben, liegt das vermutlich daran, dass die Athleten zahlreiche Wege gefunden zu haben, bei Tests nicht aufzufallen.“

Konstruktive Debatte erwünscht

Wenig effizient seien die Tests unmittelbar vor und während eines Wettkampfes: Pro Jahr fielen davon durchschnittlich nur zu ein bis drei Prozent positiv aus. Dopingmittel seien zu diesem Zeitpunkt oft nicht mehr biologisch nachweisbar, weil sie lange vorher eingenommen würden. Eine höhere Aufklärungsquote mit etwa 14 Prozent biete der „Biologische Pass“: Er dokumentiert medizinische Daten der Sportler.

Die Veröffentlichung der gesamten wissenschaftlichen Studie und der detaillierten Daten könnte weitere Forschungen zu Doping im Profisport anregen, hoffen die Autoren. „Die Studie kann eine konstruktive Debatte, vor allem aber neue Strategien für die Eindämmung von Dopingmissbrauch anstoßen“, sagt Rolf Ulrich von der Universität Tübingen.

science.ORF.at/APA/dpa

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