Verschütteter Kaffee und verwirrte Zwillinge

Wie man Kaffee beim Rückwärtsgehen nicht verschüttet, warum Didgeridoo-Spielen gegen Schnarchen hilft und weshalb sich eineiige Zwillinge nicht auseinanderhalten können: Das sind nur drei der kuriosen Forschungsfragen, die heute Nacht mit den Ig-Nobelpreisen ausgezeichnet wurden.

Die „unwürdigen“ (Englisch: ignoble) und undotierten Ig-Nobelpreise sind längst Kult und sollen „das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren“. In der Nacht zum 15. September wurden sie im historischen Sanders Theater der Harvard Universität zum bereits 27. Mal verliehen.

Nicht praktisch, aber es funktioniert

Kaffee verschütten nervt. „Wir alle tun es und wir alle hassen es“, sagt Jiwon Han auf der Bühne des Theaters. „In meiner Schulzeit hatte ich zu viel Zeit und habe eine Physik-Studie darüber geschrieben.“

Das Ergebnis - und das Geheimnis nicht verschütteten Kaffees: Den Becher von oben festhalten, geradeaus schauen und rückwärts laufen. „Aber ist das praktisch? Überhaupt nicht! Also ist der Deckel erfunden worden. Aber ich habe verstanden: Bei Forschung geht es nicht darum, wie alt man ist oder wie klug - sondern darum wie viel Kaffee man trinkt. Und mit ausreichend Kaffee und etwas Pech landet man dann in Boston.“

Dort nahm Jiwon Han in der Nacht zum Freitag seinen Ig-Nobelpreis für seine Studie über verschütteten Kaffee entgegen - einen von zehn Spaßpreisen für wissenschaftliche Veröffentlichungen, die „erst zum Lachen und dann zum Denken anregen“.

Trophäe der Ig-Nobelpreise 2017

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Die Trophäe

Puppenkopf mit Fragezeichen

Die klamaukig-schrille Preisgala mit mehr als 1.000 Zuschauern ist stets lange im Voraus ausverkauft. Zwischendurch fliegen bei der so ganz anderen anderthalbstündigen Preisverleihung, zu der auch echte Nobelpreisträger anreisen, Papierflieger durch die Luft, es gibt Sketche und bizarre Kurz-Opern.

Die Trophäe war in diesem Jahr der Plastikkopf einer Schaufensterpuppe mit einem darauf gesteckten Fragezeichen. Die Gewinner stammen aus fünf Kontinenten, Österreicher waren nicht dabei.

Didgeridoo-Spieler geben Frieden

Forscher aus der Schweiz, Kanada, den USA und den Niederlanden erhielten einen Preis in der Kategorie Frieden. Sie hatten entdeckt, dass das regelmäßige Spielen eines Didgeridoos bei der Behandlung von Schlafbeschwerden und Schnarchen helfen kann. Die Gewinner kamen Didgeridoo-spielend auf die Bühne, um sich für die „große Ehre“ zu bedanken.

Forscher Alex Suarez hatte die lindernde Wirkung des Spielens des australischen Instruments bei sich selbst festgestellt. Eine spezielle Atemtechnik sei der Grund. In einer Studie stellten die Forscher fest, dass diese auch anderen Menschen gegen Schnarchen und Schlafprobleme half.

Weiblicher Penis, männliche Vagina

Wissenschaftler aus Australien und den USA erhielten einen Preis für ihre Untersuchung der Frage, wie sich der Kontakt mit lebenden Krokodilen auf den Wunsch von Menschen nach Glücksspielen auswirkt. Ergebnis ihrer Studie: Wer zuvor eines der Tiere berührt, geht nachher beim Wetten höhere Risiken ein.

Forscher aus Frankreich, Singapur und den USA analysierten, ob Katzen sich gleichzeitig im festen und im flüssigen Zustand befinden können (PDF der Studie) - und wurden dafür ausgezeichnet.

Wissenschaftler aus Japan, Brasilien und der Schweiz wurden für die Entdeckung eines weiblichen Penis und einer männlichen Vagina bei einem Höhlen-Insekt geehrt. Zum Dank schickten sie ein Video von sich in einer Höhle. „Wir können leider nicht bei der Preisverleihung sein, denn wir müssen ja weiter Höhlen erforschen.“

Vampire, die sich von Menschenblut ernähren

Forscher aus Brasilien, Kanada und Spanien wiesen erstmals nach, dass sich die Fledermausart Kammzahnvampir auch von menschlichem Blut ernährt - und bekamen dafür einen Ig-Nobelpreis. Auch sie bedankten sich per Video, mit Plastik-Vampirzähnen im Mund. Wissenschaftler aus Frankreich und den USA erhielten die Auszeichnung für ihre mithilfe von Gehirn-Scan-Technologien durchgeführten Untersuchungen der Frage, in welchem Ausmaß manche Menschen sich vor Käse ekeln.

Dass viele identische Zwillinge sich selbst visuell nicht voneinander unterscheiden können, wiesen Forscher aus Italien, Spanien und Großbritannien in einer Studie nach und bekamen dafür einen Preis. Wissenschaftler aus Spanien wiederum zeigten, dass Babys eher auf Musik reagieren, wenn diese elektromechanisch in der Vagina der Mutter gespielt wird, als wenn sie auf dem Bauch der Mutter gespielt wird.

Ohren wachsen zwei Millimeter pro Jahrzehnt

„Haben sie je in einem Bus gesessen und bemerkt, dass der alte Mann, der ihnen gegenüber sitzt, sehr große Ohren hat?“, fragte der britische Wissenschaftler James Heathcote das Publikum. Er hatte das bemerkt - und maß im Rahmen einer Studie - bei 206 Patienten nach. „Und es stimmt. Die Ohren wachsen rund zwei Millimeter pro Jahrzehnt. Macht mit dieser Information, was ihr wollt.“

Moderator Marc Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung, beendete die Gala schließlich mit seinen traditionellen Abschlussworten: „Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben - und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!“

science.ORF.at/dpa

Die Ig-Nobelpreise der vergangenen Jahre: