Warum Hummeln unter Linden sterben

Dass sich unter Silberlinden besonders oft tote Hummeln finden, hat laut Forschern nichts mit dem Baum an sich zu tun. Vermutlich verhungern die Tiere. Denn wenn die Silberlinde blüht, gibt es oft nicht mehr genug Nahrung.

Im Sommer kann man auffällig viele tote Hummeln unter Linden finden. Insbesondere Silberlinden (Tilia tomentosa) blühen verhältnismäßig spät im Jahr. Hummeln und andere Insekten sammeln sich dann laut Hauke Koch und Philip Stevenson von der University of Greenwich an den Bäumen und konkurrieren um Nektar, von dem es aber zu wenig gibt. Allerdings sei Nahrungsmangel womöglich nicht die einzige Erklärung für das Hummelsterben.

Die Forscher haben sich zahlreiche Studien zu dem Thema genauer angesehen. Bisher sei man oft davon ausgegangen, dass Lindennektar giftig für Hummeln sei. Für diese These fanden die Forscher aber keine überzeugenden Nachweise. Einer der bekanntesten Hummelforscher, Dave Goulson von der britischen Universität Sussex, ist der gleichen Meinung wie Koch und Stevenson: „Die Linde selbst ist für die Tiere nicht schädlich.“

Vermeintliche „Todesbäume“

Lange Zeit hatten Silberlinden in den Medien einen schlechten Ruf, wurden gar als „Todesbäume“ bezeichnet. Unter den Bäumen fand man mehr tote Hummeln als unter anderen Pflanzen, von denen sich die Insekten ernähren. Seit den 1970er-Jahren kursiert die Theorie, dass die Bäume einen für Hummeln giftigen Nektar produzieren. „Dieser Theorie schenkten so viele Menschen Glauben, dass in den Städten massenweise Silberlinden abgeholzt wurden“, so die Sprecherin der Bundesarbeitsgruppe Hymenoptera (Hautflügler) der deutschen Naturschutzorganisation Nabu, Melanie von Orlow.

Der schlechte Ruf der Silberlinden, der sich teilweise immer noch hartnäckig hält, müsse unbedingt verbessert werden, schreiben Koch und Stevenson. Denn entgegen aller Vermutungen brächten Linden den Hummeln nicht den Tod, sondern seien eine der letzten Nahrungsquellen im Sommer.

„Die Blützeit der Linde beginnt Anfang Juli und - wenn die Insekten Glück haben - ernährt sie noch den gesamten Monat hinweg“, erklärt von Orlow. Ab August beginnt für die Insekten eine Zeit ohne Blütennahrung.

Mehr Spätblüher nötig

Je weiter der Sommer fortschreitet, desto weniger Nahrungsoptionen haben die Hummeln. Sie stürzen sich deshalb auf die Linden. Allerdings können den Forschern zufolge die Bäume nicht mehr genug Nektar für alle bieten. Die Folge: Viele Hummeln sterben ausgerechnet unter den letzten verbliebenen Nahrungsquellen.

Koch und Stevenson schlagen vor, nicht etwa weniger, sondern mehr Linden in Städten zu pflanzen. Insgesamt müsste es mehr Spätblüher geben. „Die Sicherung von alternativen Blühpflanzen im Spätsommer ist der beste Weg, um ein Hummelsterben zu vermeiden.“

science.ORF.at/APA/dpa

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