Studiengebühren: „Eine Frage der Fairness“

Inhaltliche Vorgaben für die Forschung nein, Studiengebühren ja - so lassen sich zwei zentrale Positionen von NEOS zusammenfassen. Beraten lassen würde sich Wissenschaftssprecherin Claudia Gamon zu den neuen Methoden, das Erbgut von Lebewesen zu verändern.

science.ORF.at: NEOS will in der Forschungspolitik nur einen finanziellen Rahmen vorgeben, aber keine inhaltlichen Akzente setzen - ist das die totale Selbstaufgabe als politisch gestaltende Kraft?

Interviewserie:

Anlässlich der Nationalratswahl fragt Ö1 die Parlamentsparteien nach ihren Positionen in der Wissenschaftspolitik. Claudia Gamon (NEOS) ist zu hören in „Wissen Aktuell“ am 2.10.2017 um 13.55 Uhr.

Claudia Gamon: Ganz im Gegenteil. Es geht in der Forschungspolitik nicht darum vorzugeben, was geforscht werden soll, sondern um die Rahmenbedingungen. Man investiert in Grundlagenforschung, damit Experimente möglich sind, damit Forscherinnen und Forscher Zeit haben sich zu engagieren. Dann gibt es zufällige Entdeckungen. Da muss auch die Politik damit leben können, dass es anders nicht geht. Man kann nur die Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen.

NEOS ist die Digitalisierung besonders wichtig - wäre es ok, wenn sich dieses Thema in der Forschungsagenda gar nicht niederschlägt?

Da muss man unterscheiden zwischen angewandter Forschung und Grundlagenforschung. In der Grundlagenforschung braucht es Ressourcen und Freiheit. Es gibt natürlich gewisse Steuerungselemente, man kann schauen, wo entstehen Forschungscluster - und dann kann man natürlich fokussieren. Aber man muss raus aus dem Gedanken, punktgenau steuern zu können. Eventuell kann die Politik eine Richtung vorgeben, so viel wie möglich investieren, und dann gelingt es hoffentlich.

Sehr genaue Vorstellungen hat NEOS in der Universitätspolitik. Sie fordern schon seit Jahren Studiengebühren. Warum wollen Sie die Studierenden belasten, wenn die Universitätenkonferenz selbst sagt, dass Studiengebühren kein Thema sind?

Wir stellen uns ein ganz anderes System vor. Grundsätzlich geht es uns bei den Studiengebühren um einen fairen Beitrag. Auch jene, die nicht studieren, finanzieren das Studium von jenen, die danach ihr ganzes Leben davon profitieren. Dieser Beitrag soll im internationalen Bereich sehr gering sein, niemand soll dadurch vom Studium abgehalten werden. Das Tolle an unserem Modell ist auch, dass die Studiengebühren nachgelagert sind, d.h. man zahlt sie erst, wenn man im Berufsleben steht und ein gewisses Einkommen hat - eben davon profitiert, dass man studiert hat.

Wenn Sie sich eine Stunde lang von einem Wissenschaftler, einer Forscherin beraten lassen könnten - welche Person und welches Thema würden Sie wählen, weil es für die nächste Legislaturperiode besonders wichtig ist?

Das wäre ganz sicher das Thema „Genome Editing Technologies“. Etwa bei Crispr/Cas9 ist in Wien viel entwickelt worden. Da sehe ich viel Potenzial und viel Gesprächsbedarf - ethische Fragen etwa, die Bevölkerung aufzuklären über Risiken und Potenzial. Vor allem aber würde ich gerne an diesem Beispiel mehr darüber reden, warum es wichtig und richtig ist, Geld in Forschung, Technologie und Wissenschaft zu investieren.

Interview: Elke Ziegler, Ö1 Wissenschaft

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