Ferkel lernen von älteren Tieren
Kognitionsforscher des Messerli Forschungsinstituts an der Vetmed wollten in ihren Versuchen mit Jungtieren der neuseeländischen Schweinerasse herausfinden, ob die Ferkel für sie interessante, komplexe Handlungen älterer Verwandter verstehen und imitieren können. Da Schweine eigentlich äußerst soziale Tiere sind, gab es bereits Vermutungen, dass sie auch ein gewisses soziales Lernvermögen besitzen. Wissenschaftliche Studien dazu kamen jedoch zu unterschiedlichen Schlüssen, so die Uni in einer Aussendung.
Die Studie
„Object movement re-enactment in free-ranging Kune Kune piglets“, Animal Behaviour, Oktober 2017
Die Forscher um Ludwig Huber interessierten sich für die sogenannte „vertikale Informationsweitergabe“ - sprich, die Übertragung von Wissen zwischen Generationen. Dazu ließen sie einen Teil der Ferkel dabei zusehen, wie ihre Mutter oder Tante eine Futterkiste mit Schiebetür öffnete, um an für die Tiere attraktives Futter zu gelangen. Die Tür konnte mit dem Rüssel an drei Positionen - links, rechts oder in der Mitte - sowohl nach rechts als auch nach links geschoben werden.
Beachtliche Merkleistung
Zwei Gruppen zu je sechs Ferkeln hatten die Möglichkeit zur Beobachtung. Eine dritte Gruppe versuchte sich an der Lösung, ohne vorher Hinweise zu bekommen. Dabei wurde klar, dass die Kleinen von der Mutter oder einer Tante vorgezeigte Aufgaben aufmerksam beobachten und anschließend selbst gezielt ausführen konnten. Die Kontrollgruppe ging hingegen nicht so strukturiert an die Aufgabe heran.
Vetmeduni Vienna
Am besten merkten sich die Ferkel die ideale Vorgehensweise sogar, wenn sie erst einen Tag nach der Beobachtung zur Tat schritten. Diese beachtliche Merkleistung wurde bisher erst selten bei Tieren beobachtet, berichten die Wissenschaftler, für die sich daraus auch eine Neueinordnung der Schweine in der Kognitionsforschung aufdrängt.
Natürliche Schweinegemeinschaft
Noch erstaunlicher war die Erkenntnis, dass jene Ferkel aus der Kontrollgruppe, die sich die passende Lösung sozusagen selbst erarbeiten mussten, auch ein halbes Jahr nach dem Erlernen die zielführende Strategie mühelos wieder anwenden konnten. „Das deutet auf ein gut funktionierendes Langzeitgedächtnis hin“, so Huber.
Die Forscher vermuten, dass diese Fähigkeit durch die speziellen Lebensumstände der Tiere gefördert wird: „Es scheint, als hätte die Gruppenhaltung im Freiland und die dadurch mögliche Etablierung einer natürlichen Schweinegemeinschaft eine bestehende Anlage dieser Tiere für soziale Intelligenz zutage gefördert. Es wäre lohnend, die positiven Effekte des Lernens von älteren Tieren in Zukunft auch in der kommerziellen Schweinehaltung zu bedenken und bei zukünftigen Verbesserungen der Haltungsbedingungen zu berücksichtigen“, erklärt Huber.
science.ORF.at/APA