Warum Schlafmangel so zerstreut macht

Hirnforscher haben herausgefunden, warum bei Schlafentzug die Konzentration nachlässt: Auch die kleinen grauen Zellen werden früher oder später müde - und machen dann nur noch „Dienst nach Vorschrift“.

Die Entdeckung von Itzhak Fried und seinem Team war eigentlich Nebenprodukt eines chirurgischen Eingriffs. Als Vorbereitung darauf hatte der Mediziner von der Universität Tel Aviv zehn Epilepsiepatienten Elektroden ins Gehirn implantiert und sie dann einer Reihe von Aufmerksamkeitstests unterzogen.

Das sollte zeigen, wo im Hirn die epileptischen Anfälle ihren Ausgang nehmen. Was auch gelang. Da Müdigkeit epileptische Anfälle fördert, führte Fried die Tests an den Patienten stundenlang durch, die ganze Nacht lang. Dabei entdeckte er noch etwas ganz anderes.

Neuronen in Großaufnahme

UCLA

Übermüdung hemmt die Kommunikation der Neuronen

„Wir haben herausfunden, dass sich körperliche Müdigkeit auch auf die Neuronen auswirkt. Sie raubt ihnen die Fähigkeit korrekt zu arbeiten“, sagt Fried. „Arbeit“ heißt in diesem Fall: Elektrische Entladung und Weiterleitung von Signalen an andere Neuronen.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“, 7.11., 13.55 Uhr.

Nervenzellen im Dämmerzustand

Wie die Forscher im Fachblatt „Nature Medicine“ schreiben, arbeiteten die Nervenzellen im Schläfenlappen (wo unter anderem ein Gedächtniszentrum sitzt) mit zunehmendem Ermüdungsgrad immer langsamer. Ihre Kommunikation war eingeschränkt - und damit auch der Informationsfluss im Großen, etwa zwischen Sehsinn und Bewusstsein.

Genau das passiert, wenn ein übermüdeter Autofahrer Fußgänger auf der Straße zu spät wahrnimmt, erklärt Frieds Kollege Yuval Nir. „Im ermüdeten Gehirn läuft die Wahrnehmung langsamer ab.“

Fazit der Studie: Während manche Hirnbereiche bei Schlafentzug ganz normal weiterarbeiteten, begaben sich andere quasi in einen Dämmerzustand. Das erklärt, warum Übermüdung zu geistigen Aussetzern führt. Oder aus Perspektive der Zelle: Auch Neuronen brauchen ihren Schlaf.

Robert Czepel, science.ORF.at

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