Welche Jobs Maschinen übernehmen können

Wenn es um künstliche Intelligenz geht, dreht sich die Debatte schnell um den Verlust von Arbeitsplätzen. Um einzuordnen, welche Jobs davon betroffen sind, haben Forscher einen Kriterienkatalog erstellt, der lernenden Maschinen nur beschränkte Fähigkeiten attestiert.

In Österreich sollen laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) neun Prozent der Jobs durch Digitalisierung und Automatisierung gefährdet sein, ähnliche Zahlen sind auch für Deutschland bekannt. Vor allem auf niedrig qualifizierte Arbeitskräfte wirken sich die neuen Technologien negativ aus. Um zu definieren, welche Rollen künstliche Intelligenz in Zukunft tatsächlich übernehmen wird und welche nicht, haben der Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Informatiker Tom Mitchell von der Carnegie Mellon University nun acht Kriterien formuliert.

Die Fähigkeiten künstlicher Intelligenz werden in der Debatte überschätzt, meint Brynjolfsson gegenüber science.ORF.at: „Wir sind sehr weit entfernt von einer ‚generellen‘ künstlichen Intelligenz. Es gibt ein paar beschränkte Aufgaben, die künstliche Intelligenz sehr gut kann, besser als Menschen. Und es gibt sehr viele Dinge, die sie nicht kann.“

Ziele erfüllen, aber nicht vorgeben

Beschränkt seien die Fähigkeiten lernender Maschinen etwa dadurch, dass künstliche Intelligenz klar definierten Input und Output benötigt. Das sei eines der Kriterien für den Einsatz von lernenden Maschinen, so Brynjolfsson: „Sobald etwas Unerwartetes auftritt, worauf die Maschine nicht trainiert wurde, versagt sie.“ Sie brauche immer Daten als Trainingsgrundlage. Wenn sich Arbeitsziele also häufig verändern, sei künstliche Intelligenz nicht sehr effektiv, denn ihr fehle der menschliche „Hausverstand“, so Brynjolfsson.

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Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 22.12.2017.

Maschinen seien dagegen sehr gut darin, Muster zu erkennen, und daraus Vorhersagen und Empfehlungen abzuleiten, so die Forscher. Dort, wo Daten Regelmäßigkeiten offenlegen, die eine Lösung für ein Problem nahelegen, kann künstliche Intelligenz gut arbeiten, etwa wenn man den Verkehrsfluss einer Stadt optimieren will. Auch in der Informatik, wo früher jede Anwendung von Menschen programmiert wurde, erledigt das heute zunehmend der Computer selbst. Der Grund, warum das funktioniert, ist laut Brynjolfsson und Mitchell, dass wir ein klar definiertes Ziel vorgeben und die Maschine eine Strategie entwickeln lassen, dieses Ziel zu erreichen. Vorhaben zu entwickeln und zu entscheiden, was künstliche Intelligenz tun soll, bleibe immer noch in menschlicher Hand.

Weniger gut seien Computer auch in der Kommunikation mit Menschen und wenn emotionale Intelligenz gefragt ist. Einer lernenden Maschine könne beispielsweise beigebracht werden, Anwälten zu helfen, Dokumente, die für einen Fall potenziell relevant sind, zu klassifizieren. Eine Maschine könne jedoch schwer Zeugen interviewen oder eine Strategie entwickeln, in einer Gerichtsverhandlung recht zu bekommen.

Entscheidung nicht begründbar

Eine weitere Bedingung für den Einsatz von künstlicher Intelligenz sei, dass ihre Entscheidungen nicht detailliert begründet werden müssen, meint Brynjolfsson: „Künstliche Intelligenz kann etwa Krebsdiagnosen stellen, sie kann aber nicht wie ein Arzt erklären, warum sie zu diesem Ergebnis gekommen ist.“ Auch wenn es um fachlichen Austausch mit anderen Ärzten oder emotional herausfordernde Kommunikation mit Patienten gehe, werde man auch weiterhin medizinisches Fachpersonal brauchen.

Das bedeute aber nicht, dass Aufgaben, die emotionale Intelligenz benötigen, gar nicht durch künstliche Intelligenz bewältigt werden können: Im Verkauf hat sich bereits gezeigt, dass Computer, die mit Chatprotokollen von Onlineverkaufsgesprächen gefüttert wurden, herausfanden, welche Argumente in welcher Situation am besten zum Verkauf führen, und dadurch zu besseren Onlineverkäufern wurden als Menschen.

Grundlegende wirtschaftliche Veränderungen

Laut Brynjolfsson und Mitchell werden Maschinen einzelne Aufgaben übernehmen, aber meist nicht ganze Berufe ersetzen. Das treffe insbesondere auf hochqualifizierte Berufe zu. Viele Jobs, für die es weniger Qualifikation braucht, werde es dagegen nicht mehr geben, weil sie von künstlicher Intelligenz kosteneffektiver übernommen werden können.

Ständiges Lernen werde wichtiger als früher, um sich auf neue Aufgaben einzustellen, wenn alte automatisiert werden. Tätigkeiten, die nicht von Maschinen übernommen werden können, wie Soziales und Kreatives, könnten durch die Veränderungen aufgewertet werden, so Brynjolfsson: „Die Erfindung neuer Güter und Dienstleistungen, die Kranken- und Altenpflege, die Kinderbetreuung: All das bleibt in menschlicher Hand.“

„Historisch gesehen haben wir immer neue Aufgaben für Menschen entwickelt und alte automatisiert. Und diese neuen Technologien sind eine Fortsetzung davon“, so Brynjolfsson. Die Gesellschaft müsste sich auf diese grundlegenden Veränderungen einstellen, damit künstliche Intelligenz allen Menschen und nicht nur wenigen zugutekomme.

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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