Kohle aus Klärschlamm

Klärschlamm gibt es mehr als genug. Er könnte genutzt und in Brennstoff „verwandelt“ werden. Wiener Forscher haben nun ein Verfahren aus der Lebensmittelindustrie adaptiert, um aus Klärschlamm effizient Kohle zu gewinnen.

In Israel wird Hühnerkot in Kohle umgewandelt und in Deutschland werden seit Kurzem Abfälle zu Kohle. Möglich macht das das Verfahren der „hydrothermalen Karbonisierung“ (HTC). Dabei werden Biomasse und Wasser in einen Hochdruckreaktor gefüllt. Unter Druck und Hitze entsteht daraus sogenannte Hydrokohle.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 6.2., 13:55 Uhr.

Im deutschen Karlsruhe entsorgt man auf diese Weise auch schon Klärschlamm. In Österreich wird Klärschlamm dagegen getrocknet und verbrannt, als Dünger in der Landwirtschaft verwendet oder zur Phosphorgewinnung verarbeitet. „Das Problem mit der Verkohlung in diesem ‚Druckkochtopf‘ ist, dass sie sehr teuer und aufwendig ist“, erklärt Gregor Tondl, Forscher im Bereich der Verfahrens- und Energietechnik an der Universität für Bodenkultur.

Verfahren adaptiert

Man kann es auch einfacher haben, dachte sich daher sein Team und entwickelte ein neues HTC-Verfahren. Dafür machte es sich einen Extruder - eine Anlage aus der Lebensmittel- und Kunststoffindustrie zunutze: Der Extruder funktioniere so ähnlich wie ein Fleischwolf, erklärt Tondl: „Der Klärschlamm kommt auf der einen Seite hinein und wird verdichtet und erhitzt. Am Ende wird Wasser abgetrennt und auf der anderen Seite kommt die Hydrokohle heraus.“

Kläranlage Wien Simmering

APA/Georg Hochmuth

Kläranlage Wien Simmering

Die ersten Versuche haben die Wissenschaftler mit Hirseschlamm in Extrudern der Lebensmittelindustrie durchgeführt: „Wir haben mit der Hirse versucht, möglichst nahe an die Viskosität von Klärschlamm heranzukommen. Irgendwann sind wir aber mit unseren Experimenten an die Grenzen dieser Maschine gestoßen und so mussten wir einen eigenen Extruder entwickeln.“

„Fleischwolf“ statt „Kochtopf“

Tondls Forschungsgruppe hat den Extruder, der auf die hydrothermale Verkohlung zugeschnitten ist, patentieren lassen. Der Vorteil des „Fleischwolf“-Prinzips gegenüber dem „Kochtopf“-Prinzip sei, dass kontinuierlich neuer Eingangsstoff eingeführt werden kann und die Anlage kleiner ist. So werde das Verfahren schneller und billiger.

Verkohlt und entwässert sei der Klärschlamm leichter zu lagern und zu verbrennen, erklärt Tondl. Damit wäre er auch zur Energiegewinnung besser einsetzbar - etwa für die Produktion von Fernwärme. Letztendlich geht es aber immer noch um eine sinnvolle Entsorgung des Klärschlamms, die Energiegewinnung ist ein positiver Nebeneffekt. Das Problem der Schadstoffe im Klärschlamm löse das allerdings nicht, so Tondl: „Die Schadstoffe bleiben in der Asche zurück, die dann deponiert werden muss.“

Katharina Gruber, Ö1-Wissenschaft

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