Weniger Wirbel sparen Energie

Fließen Flüssigkeiten durch Rohre, entstehen oft winzige Wirbel, die den Transport der Flüssigkeit erschweren. Heimische Physiker haben nun neue Methoden für Rohre ohne Turbulenzen entwickelt – was enorm viel Energie spart.

Denn laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) werden bis zu zehn Prozent des globalen Stromverbrauchs verwendet, um Öl, Gas oder Wasser dorthin zu bringen, wo es auch tatsächlich gebraucht wird. Dies sagt der Erstautor einer soeben erschienenen Studie, Jakob Kühnen, vom Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg.

Studie

”Destabilizing turbulence in pipe flow“, Nature Physics, 8.1.18

Schwierig wird der Transport vor allem wegen Verwirbelungen von Flüssigkeiten in den Rohren. Durch diese turbulenten Strömungen kommt es zur massiven Erhöhung des Reibungswiderstandes. Mit der Frage, wie sich das vermeiden lässt, beschäftigt sich ein Team um Björn Hof und Kühnen seit einiger Zeit. Während man bisher vor allem versuchte, die Ausprägung der Turbulenzen zu reduzieren, gingen die IST-Forscher einen anderen Weg.

Unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten angleichen

„Das Grundprinzip ist, dass wir das Geschwindigkeitsprofil im Rohr ändern“, sagte Kühnen. In den unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten an verschiedenen Stellen im Querschnitt der Leitung liegt nämlich die Wurzel des Problems.

Während Flüssigkeiten in der Rohrmitte rasch fließen, nimmt die Geschwindigkeit vor allem ganz nahe am Rand rapide ab, und geht gegen null. Diese Unterschiede führen zu den Verwirbelungen. Die Forscher verfolgten nun die Idee, die Geschwindigkeitsdifferenzen mit verschiedenen Ansätzen zu verkleinern.

Video der Forschungsarbeit:

Dazu entwickelten sie Methoden, um im Zentrum zu bremsen und am Rand zu beschleunigen. Diesen Effekt erzielten die Wissenschaftler etwa indem sie die Geschwindigkeit in der Rohrmitte mit Rotoren reduzierten. „Nahe an der Wand wird es dadurch etwas schneller. Das führt dazu, dass stromabwärts die Turbulenz zerfällt“ und die Strömung „laminar“ wird, wie Kühnen erklärte.

Das gleiche Ergebnis kann mit einer Düse erzielt werden, die über einen schmalen Spalt direkt an der Rohrwand zusätzlich Flüssigkeit einspritzt und für Beschleunigung im Randbereich sorgt. Ebenso erfolgreich war das Team mit einem beweglichen Rohr-Teilstück, das kurz mit der Strömung mitgezogen wurde, und dadurch ebenfalls für Tempoausgleich und Reduktion der Turbulenzen sorgte.

In der Praxis noch einige Herausforderungen

Sowohl in Computersimulationen und auch in Experimenten stellte sich heraus, dass so bis zu 95 Prozent der Pumpenergie eingespart werden könnten. Ist die Strömung nämlich einmal laminar und gibt es keine weiteren Störungen kehren die Turbulenzen auch nicht mehr zurück. Da typische Pipelines allerdings Knicke aufweisen, durch Ventile unterbrochen sind und Schweißnähte an den Übergängen der Rohrmodule meistens nicht glatt sind, ist diese Bedingung in der Realität aber selten gegeben, schränkte Kühnen ein.

Zur Anwendung könnte die neue Methode daher vor allem in Pipelines kommen, die erst geplant werden. Betreiberfirmen seien jedenfalls bereits an den Erkenntnissen der Physiker interessiert. Die Wissenschaftler haben auch schon Prototypen für Anlagen entwickelt, und sehen sich auf einem guten Weg zur Produktreife.

Probleme bereite jedoch noch der Ausgleich bei hohen Geschwindigkeiten. Kühnen: „Bei niedrigen Geschwindigkeiten funktioniert das so stabil, wie wenn man kleine Legosteine aufeinanderstapelt. Bei hohen Geschwindigkeiten ist es eher so, wie wenn man Mikadostäbchen auf die Spitze stellen möchte. Es wird einfach technisch immer herausfordernder.“

science.ORF.at/APA

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