Mutter-Kind-Bindung: Links bevorzugt

Mütter tragen ihre Babys bevorzugt links. Die Erklärung: Gefühle werden in der rechten Hirnhälfte verarbeitet. Diese Vorliebe gibt es überall im Tierreich, z. B. bei Walrossen und Flughunden, wie die Beobachtung von Mutter-Kind-Paaren zeigt.

Wenn Mütter ihren Nachwuchs tragen oder wiegen, haben sie offenbar einen unbewussten Zug nach Links. Beobachtungen zeigen, dass bis zu 85 Prozent aller Frauen diese Präferenz teilen - egal ob sie Links- oder Rechtshänderinnen sind. Sie ist schon angelegt, wenn Mädchen mit ihren Puppen spielen. Und Menschenaffen wie Schimpansen und Gorillas zählen ebenfalls zu den Linksträgern.

Wo dieser Vorliebe herkommt, beschäftigt die Wissenschaft schon länger. Dachte man früher beispielsweise, sie habe etwas mit der beruhigenden Wirkung des mütterlichen Herzschlags zu tun, ist man sich heute relativ einig, dass die Erklärung im Gehirn zu suchen ist. Soziales Denken findet demnach vorzugsweise in der rechten Hirnhälfte statt, hier werden bei den allermeisten Menschen Gefühle erkannt und verarbeitet. Nachdem die rechte Hemisphäre des Gehirns die linke Körperhälfte kontrolliert, erleichtert das Linkstragen die Kommunikation zwischen Müttern und Säuglingen. Die Bindung wird gestärkt.

Soziale Bindung über links

Die Präferenz für Links in Sachen Nachwuchs ist nicht auf Menschen und Menschenaffen beschränkt, wie die Forscher um Andrey Giljov von der Universität St. Petersburg bereits im vergangenen Jahr berichteten. Für ihre damalige Studie hatten sie elf Säugetierarten untersucht, die im Wasser und an Land leben; darunter Rentiere, Antilopen, Pferde, Kängurus und Wale. Wie beim Menschen war der Nachwuchs meist an der linken Seiten der Muttertiere zu finden.

In ihrer aktuellen Arbeit haben die Wissenschaftler nun neue Daten aus dem Tierreich gesammelt, im Zentrum der Beobachtungen standen diese Mal das Pazifische Walross und der Indische Riesenflughund.

Die systematischen Beobachtungen bestätigten die tierische Vorliebe für Links. Von Angesicht zu Angesicht nehmen Mütter und Jungen vorzugsweise eine Position ein, bei der sich beide im linken Gesichtsfeld des Gegenübers befinden. Laut den Forschern erleichtere das - ähnlich wie beim Menschen - die soziale Interaktion, die offenbar auch bei nur entfernt verwandten Lebewesen vor allem über die rechte Gehirnhälfte abgewickelt wird.

Eva Obermüller, science.ORF.at

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