Nahrungsnetze im Meer könnten kollabieren

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Weltmeere aus - genauer: auf die Tiere, die darin leben? Ein Versuch australischer Forscher zeigt: Der Klimawandel könnte das Gleichgewicht von „Fressen und Gefressenwerden“ zum Kollabieren bringen.

Klein wird von Groß gefressen - am Anfang der Nahrungskette steht grob gesagt das Phytoplankton, am Ende Fische. Für ihren Versuch haben die Forscher der University of Adelaide Wassertanks mit der gesamten Kette besiedelt: Bakterien, Algen, Krebstierchen, Schwämme, Schnecken, Fische. Insgesamt zwölf Tanks mit je 1.600 Litern Fassungsvermögen.

Dann haben sie den Klimawandel simuliert – die Temperatur erhöht, den Grad der Versauerung (indem sie die CO2-Konzentration steigerten) oder beides. In einem vierten Szenario wurde an keiner der Schrauben gedreht. Die Temperatur schraubten sie in den ausgewählten Tanks um 2,8 Grad Celsius nach oben; das CO2 um 900 ppm (Parts per Million).

Simulierter Klimawandel

In den Klimawandel-Szenarien gediehen vor allem Cyanobakterien (Blaualgen) prächtig. Doch diese Kleinstlebewesen eignen sich nicht so gut als Nahrung für das nächste Glied in der Nahrungskette – und: Sie verdrängten im Versuch andere Arten von Phytoplankton.

Die Studie wurde in PLOS Biology (9.1.2018) veröffentlicht.

So kommt das gesamte Gefüge aus dem Lot - und zwar so sehr, dass die australischen Forscher langfristig einen Kollaps der Nahrungskette für möglich halten.

Weitere Versuche nötig

Rückschlüsse auf das offene Meer darf man aus den Versuchen in Tanks nicht direkt ziehen – darauf weist z.B. Martin Wahl vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel GEOMAR hin (nicht an der Studie beteiligt): „Die Ergebnisse lassen sich mit Sicherheit nicht für Systeme des offenen Ozeans, der Tiefsee, in Randmeeren, in den Tropen, in Polarregionen etc. übertragen.“

Aber der Versuch hilft zumindest, die möglichen Folgen des Klimawandels besser abzuschätzen. Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen kommentiert den australischen Versuch: „Die Studie stellt eine Brücke dar zwischen manipulativen Laboruntersuchungen einzelner Tiere, die die Komplexität von Interaktionen zwischen verschiedenen Arten nicht abbilden können, und beobachtenden Studien realer Ökosysteme, die häufig keine detaillierte Betrachtung der Auswirkungen einzelner Faktoren zulassen.“

Barbara Riedl-Daser, science.ORF.at

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