Ursache der „Aztekenpest“ gefunden

Im 16. Jahrhundert haben von Europäern eingeschleppte Krankheiten das Aztekenreich in Mexiko verwüstet. Forscher fanden nun die Ursache für die schlimmste Epidemie: Salmonellen, die bis zu 15 Millionen Menschen töteten.

Als der spanische Konquistador Hernan Cortes im Jahr 1519 begann, Mexiko zu unterwerfen, lebten rund 25 Millionen Menschen im Aztekenreich. 80 Jahre später waren es nur noch rund eine Million. Die Eroberer regierten nicht nur mit blutiger Gewalt, sie brachten auch zahlreiche Krankheiten mit, auf die das Immunsystem der autochthonen Bevölkerung nicht vorbereitet war.

Bereits eine Pockenepidemie kurz nach Ankunft der Spanier kostete rund acht Millionen Menschen das Leben. Die schwerste Krankheitswelle, die zwischen 1545 und 1550 im heutigen Mexiko und Guatemala wütete, war für den Tod von bis zu 15 Millionen Menschen verantwortlich. Die Azteken nannten die Epidemie „Cocoliztli“ - was in der Sprache der Einheimischen so viel heißt wie „Krankheit“ oder „Pest“.

Ausgrabungsstelle in der Stadt Teposcolula-Yucundaa: Archäologen bei der Arbeit

Christina Warinner / Teposcolula-Yucundaa Archaeological Project

Archäologische Ausgrabungen an der Grabungsstätte Teposcolula-Yucundaa

DNA-Analyse von 29 Skeletten

Der Verlauf und die Symptome der Krankheit wurden von Zeitgenossen genau beschrieben. Durch welchen Erreger sie aber tatsächlich verursacht wurde, war bis heute umstritten. Die Liste der „Verdächtigen“ reichte von einem hämorrhagischen Virus über die Pocken, Pest, Masern und Mumps bis zur Grippe.

Um die Frage zu klären, hat ein internationales Forscherteam nun das Erbgut in den Skeletten von Opfern der „Cocoliztli“-Epidemie mit einer neuen Methode akribisch untersucht. Die menschlichen Überreste stammen aus der mexikanischen Stadt Teposcolula-Yucundaa, in der bei archäologischen Grabungen der einzige Seuchenfriedhof freigelegt worden war, der bisher mit der Epidemie eindeutig in Verbindung steht. Der Friedhof blieb bis vor den Grabungen nahezu unberührt.

Das Forschungsteam analysierte das Erbgut von 29 Skeletten aus der Fundstelle und verwendete dabei ein neuartiges Computerprogramm, das auch die in den Proben enthaltene DNA von Bakterien bestimmen kann. Bei zehn Proben zeigten sich dabei Spuren einer Unterart des Bakteriums Salmonella enterica, das enterisches Fieber verursacht.

Grafik: Ausgrabungsort in der Stadt Teposcolula-Yucundaa

Åshild J. Vågene et al. / Nature Ecology and Evolution.

Der Fundort

Folgen von enterischem Fieber sind neben hohem Fieber, Austrocknung des Körpers und schwere Magen-Darm-Infektionen. Die bekannteste Form heute ist Typhus. Allein im Jahr 2000 traten weltweit rund 27 Millionen Krankheitsfälle auf, die auf Salmonellenbakterien zurückzuführen sind. Über die Schwere der Krankheit in der Vergangenheit und ihre globale Verbreitung ist allerdings bis heute wenig bekannt.

Aus Sicht der Forscher ist ihre Studie ein Durchbruch bei der Klärung lange zurückliegender Epidemien. Ihre neue Methode erlaube es, „Skelette in breit angelegten Untersuchungen auf alle Erreger hin zu untersuchen, die möglicherweise in ihnen vorhanden waren“, sagt Johannes Krause, der Studienleiter vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena, in einer Aussendung.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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