Konflikt: Nachhaltigkeit vs. Klimaschutz

Die UNO-Nachhaltigkeitsziele sollen Armut bekämpfen und die Umwelt schonen. Mitunter geraten sie aber mit dem Klimaschutz in Konflikt, so Forscher. Etwa beim Wasser, das für erneuerbare Energien immer wichtiger wird.

Zentrale Solar- oder Biomassekraftwerke verbrauchen ebenso wie andere thermische Kraftwerke und Atomkraft Wasser zum Kühlen. In Wasserkraftwerken verdunstet Wasser wiederum. Demnach bedroht das Streben nach weniger CO2 in der Atmosphäre das UNO-Nachhaltigkeitsziel Nummer sechs, also die „Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser für alle“.

In einem Extremszenario könnte sich der Wasserbedarf durch den Ausbau der „Erneuerbaren“ bis zum Ende des Jahrhunderts sogar um rund 600 Prozent steigern, wie Keywan Riahi, Programmdirektor für Energie der IIASA, in einer internationalen Studie zeigte. „Würde man künftig auf die Kernenergie verzichten, könnte das den Wasserverbrauch enorm entlasten. Zudem gibt es teilweise auch die Möglichkeit einer Trockenkühlung, wo Luft zum Kühlen verwendet wird.“

Veranstaltungshinweis

Keywan Riahi hält am Donnerstag, den 18.1. im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Mut zur Nachhaltigkeit“ in Wien den Vortrag „Auf Transformationspfaden zur Nachhaltigkeit: Welche Synergien & Zielkonflikte gibt es zwischen den UN Nachhaltigkeitszielen?“. Veranstalter der Vortragsreihe ist das Umweltbundesamt.

Darüber hinaus rechnen die Forscher mit einem weiteren Problem: Da das erwärmte Kühlwasser später wieder in die Umwelt geleitet wird, kann eine stärkere „Wärmeverschmutzung“ der Gewässer folgen. Problematisch sei das vor allem in Entwicklungsländern, wo die Nachfrage nach Energie rasant ansteigt, schreiben die Wissenschaftler im Journal „Environmental Research Letters“.

Diese Entwicklung ließe sich jedoch vermeiden, so die Forscher, sofern man den Energieverbrauch senkt. „Jede Kilowattstunde, die man nicht verbraucht, spart nicht nur CO2, sie steht auch in keinem Konflikt zu einem anderen Ziel“, meint der Systemwissenschaftler Keywan Riahi. Zudem bedarf es neuer Technologien, um das Wasser vorab wieder abzukühlen.

Interdisziplinäre Konfliktforschung

Gemeinsam mit Kollegen aus beispielsweise Großbritannien, China, Indien und Brasilien erforscht Keywan Riahi im Rahmen des Wissenschaftskonsortiums CD-LINKS, in welchen Bereichen sich die UNO-Ziele und das Pariser Klimaabkommen widersprechen und wo Maßnahmen wiederum auch andere Agenden voranbringen.

„Wenn man etwa im Rahmen des Klimaschutzes die Verbrennung von fossilen Energien verringert, sorgt das auch für eine bessere Luft, was wiederum die Gesundheit (Ziel drei) schützt.“ Auch dass Menschen in „westlichen Ländern“ wie Österreich und den USA weniger Fleisch essen, könnte mehr Fliegen mit einer Klappe schlagen und den CO2-Ausstoß reduzieren (Ziel 13), Böden für den Anbau von Getreide freigeben (Ziel zwei) sowie den Wasserverbrauch reduzieren (Ziel sechs), heißt es in einer IIASA-Studie.

Synergien und Konflikte in Österreich

Österreich habe laut Riahi in den letzten Jahrzehnten durchaus gezeigt, dass sich Umwelt- und andere Nachhaltigkeitsziele in vielen Bereichen gut vereinen lassen. Dennoch tritt etwa der Widerspruch zwischen Klimaschutz und Wirtschaft immer wieder in den Vordergrund - Beispiel dritte Landepiste am Flughafen Wien Schwechat. „Anhand der Diskussion sieht man deutlich, dass es hier Zielkonflikte gibt, die man durch vernünftige Diskussionen lösen muss.“

Im Moment sieht der österreichische Systemwissenschaftler vor allem Handlungsbedarf bei der Klimapolitik. „Es gibt natürlich Gewinner und Verlierer von Klimaschutzmaßnahmen. Wenn man in die Zukunft blickt, überwiegen jedoch die positiven Aspekte bei Weitem. Dennoch muss man umdenken und sich überlegen, wie man mit jenen Industrien umgeht, die etwa viel Energie benötigen oder auf fossile Energie angewiesen sind. Das betrifft auch die Frage, was man mit deren Mitarbeitern macht.“

„Brauchen Prüfungsstelle für Österreich“

Auf der Suche nach Zielkonflikten und möglichen Gegenmaßnahmen sei aber schlichtes Kopieren von anderen Ländern nicht immer möglich. „Was in einem Land funktioniert, muss in einem anderen keine Wirkung erzielen“, so der Systemwissenschaftler Riahi. Österreich brauche daher eine Prüfungsstelle, die etwaige Klimaschutzmaßnahmen auf die Verträglichkeit mit den UNO-Nachhaltigkeitszielen hin prüft. Schließlich soll dadurch bis zum Jahr 2030 eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene gesichert werden.

„Ähnlich wie die Umweltverträglichkeitsprüfung, sollte das Prüfen der Nachhaltigkeitsziele somit zur Routine werden. Damit wird man nicht alle Zielkonflikte lösen, das ist nicht immer möglich, aber man hätte die notwendigen Informationen, um schwierige Entscheidungen gegeneinander abzuwiegen“, meint Riahi.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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