Kaiserschnitt: Weniger Inkontinenz, mehr Fehlgeburten

Rund 25.000 Kinder kommen in Österreich jährlich durch einen Kaiserschnitt auf die Welt, das ist knapp ein Drittel aller Entbindungen. Eine internationale Studie hat nun die langfristigen Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts verglichen - und kommt zu einem differenzierten Bild.

Es ist vor allem die geringere Belastung der Beckenmuskulatur, die bei den langfristigen Folgen eines Kaiserschnitts positiv auffällt: So leiden Frauen nach einer Geburt per Kaiserschnitt deutlich seltener an Inkontinenz und Beckenvorfall. Beides kann entstehen, wenn die Muskulatur des Beckenbodens durch das Kind stark gedehnt wird.

Höhere Risiken für Mutter und Kind

Die Medizinerin Oonagh Keag vom Royal Infirmary of Edinburgh hat gemeinsam mit Kolleginnen aus Großbritannien und Australien insgesamt 80 Studien zu den langfristigen Folgen eines Kaiserschnitts ausgewertet, in die Daten von mehr als 30 Millionen Frauen geflossen sind. In der in „PLOS Medicine“ veröffentlichten Analyse haben sich auch deutliche Nachteile eines Kaiserschnitts gezeigt: In nachfolgenden Schwangerschaften müssen Frauen mit einem leicht erhöhten Risiko einer Fehl- oder Totgeburt rechnen. Außerdem steige die Gefahr von Problemen rund um die Plazenta, der Mutterkuchen könnte falsch liegen oder sich vorzeitig ablösen.

Ö1-Sendungshinweis:

Über die langfristigen Folgen des Kaiserschnitts berichten auch die Ö1-Journale am 23.1.2018.

Auch für die Kinder bleibt ein Kaiserschnitt nicht ohne statistisch nachweisbares Risiko: Bis zum Alter von fünf Jahren erkranken sie häufiger an Asthma, bis 12 sind sie öfter übergewichtig, wie die aktuelle Auswertung zeigt. Grundsätzlich halten die Studienautorinnen fest, dass die von ihnen analysierten Daten in erster Linie aus Beobachtungsstudien stammen und der Zusammenhang „mit Vorsicht“ interpretiert werden muss. Nicht unterschieden wurde außerdem zwischen den Auswirkungen von geplanten und Notkaiserschnitten.

Informierte Entscheidung ermöglichen

Sie wollen nicht werten, sondern Bewusstsein schaffen, so Keag und Kolleginnen. Die unmittelbaren Risiken eines Kaiserschnitts wie Infektionen oder eine Thrombose seien zumindest in der westlichen Welt minimal, die Frauen seien darüber zumeist informiert, schreiben die Wissenschaftler. Anders sehe es mit den Langzeitfolgen aus. Diese würden mit den Frauen zumeist weniger häufig diskutiert, es gebe auch nur wenige aussagekräftige Studien zu dem Thema. Frauen sollten aber aufgeklärt werden, um eine informierte Entscheidung zu treffen - vor allem wenn es sich beim Kaiserschnitt nicht um einen medizinischen Notfall, sondern einen Wunsch der Frau handelt.

Weltweit nimmt die Zahl der Kaiserschnitte jährlich zu. In Westeuropa betrug im Jahr 2016 die Rate bei Kaiserschnitten 24,5 Prozent, in Nord- und Südamerika habe sie mit 32 beziehungsweise 41 Prozent noch deutlich darüber gelegen.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

Mehr zum Thema: