Lauch im Kampf gegen Tuberkulose

Lauch ist für die meisten eher Kochzutat als Medikament. Britische Forscher haben nun in einer Zierlauchart ein Molekül gefunden, das die Behandlung von Tuberkulose revolutionieren und Antibiotikaresistenzen bekämpfen könnte.

Zwiebeln, Knoblauch und Lauch findet man traditionell als Zutaten in Heilzubereitungen der unterschiedlichsten Völker, sagt Biochemiker Sanjib Bhakta vom Birkbeck College in London: “Sie gehören alle zur selben Pflanzenart und sind als Medizinmittel wichtig, gerade in der Ethnobotanik. Und die Natur ist wirklich kreativ dabei, faszinierende Moleküle herzustellen, die sich zu Antibiotika weiterentwickeln lassen.“

Die Moleküle wirken tatsächlich antibakteriell - nur in den Knollen kommen sie nicht in Konzentrationen vor, die schwere Krankheiten tatsächlich eindämmen könnten.

Ungewöhnlich effektiv

Den Forschern rund um Sanjib Bhakta und Simon Gibbons vom University College London ist es nun in einer Studie gelungen, einzelne Verbindungen aus der Zierlauchart Allium Stipitatum zu isolieren und künstlich nachzubauen. Im Labortest zeigte sich, dass einige der Lauchmoleküle zu mehr als 99 Prozent effektiv gegen Tuberkuloseerreger wirken.

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„Wir haben herausgefunden, dass diese Moleküle sogar dazu führen könnten, Antibiotikaresistenz wieder rückgängig zu machen“, erklärt Bhakta. Denn viele Bakterien sind nicht eigentlich immun gegen Antibiotika. Sie bilden in großer Anzahl einen Biofilm - an dessen äußerstem Rand so etwas wie eine Feuerwehrbrigade von Zellen steht, die mithilfe einer „Pumpe“ Medikamentenmoleküle aktiv wieder hinaus befördern. Die Keime in der Mitte kommen so mit den Antibiotika nie in Berührung.

Die im Lauch gefundenen Verbindungen scheinen diesen Pumpmechanismus zu stören und machen es den Keimen scheinbar auch schwerer, überhaupt einen durchgängigen Biofilm zu bilden.

Potenzial geht über Tuberkulose hinaus

Sanjib Bhakta und sein Team wollen in den nächsten Jahren dem Mechanismus dahinter auf die Spur kommen. Denn das Potenzial geht weit über Tuberkulose hinaus, sagt der Biochemiker: „Unsere Gruppe hat gezeigt, dass auch andere multiresistente Keimen darauf reagieren. Und wir sind sehr aufgeregt dieses Potenzial zu sehen.“

In den nächsten Jahren könnte man eine neue Art von Antibiotika entwickeln, die direkt in die Abwehrmechanismen der Bakterien eingreift. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich darauf schnelle, neue Resistenzen entwickeln sei viel kleiner, sagt der Biochemiker Sanjib Bhakta.

Keine Kleinigkeit – denn mehr als eine halbe Million Menschen sterben laut WHO jährlich an multiresistenten Keimen, die sich durch herkömmliche Antibiotika nicht behandeln lassen - an Tuberkulose alleine sterben fast 1, 5 Millionen Menschen im Jahr.

Isabella Ferenci, Ö1-Wissenschaft

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