Wie Graugänse im Winter Energie sparen

Wenn es im Winter ungemütlich kalt und früh finster wird, senken Graugänse ihre Körpertemperatur und Herzschlagrate, um Energie zu sparen, fanden österreichische Forscher heraus.

Dies würde nicht durch das Nahrungsangebot, sondern wohl vom jahreszeitlichen Lichtrhythmus gesteuert. Die Energierücklage investieren sie vor allem in die Fortpflanzung, erklären die Forscher im Fachjournal „Scientific Reports“.

Ein Team um Kurt Kotrschal von der Konrad Lorenz Forschungsstelle der Universität Wien in Grünau im Almtal (OÖ) hat 25 Gänsen Messgeräte implantiert, die eineinhalb Jahre lang ihre Herzschlagraten und Körper-Kerntemperaturen aufgezeichnet haben. „Das ist eine freifliegende Gänseschar - sie verbringt die Tage auf den Wiesen um die Forschungsstelle im inneren Almtal und im Cumberland-Wildpark, die Nächte am zwölf Kilometer südlich gelegenen Almsee“, erklärte Kotrschal.

Graugänse

Konrad Lorenz Forschungsstelle, Universität Wien

Innerer Mechanismus

Im Winter waren die durchschnittlichen Herzschlagraten der Gänse um fast ein Viertel niedriger als in den anderen drei Jahreszeiten, berichteten die Forscher. Ihre Körpertemperatur sank in der kalten, finsteren Jahreszeit ebenfalls. An niedrigerem Nahrungsangebot könne dies nicht gelegen haben, denn die gefiederten Tiere konnten sich an der Forschungsstelle beliebig viel Futter abholen.

„Die Absenkung kommt also von innen zustande, wahrscheinlich über den Lichtrhythmus, und passiert teils auch bei ‚Sauwetter‘“, so Kotrschal. Wenn sie ihre Körpertemperatur und Herzschlagfrequenz absenken, sind die Tiere auch vom Verhalten her sehr inaktiv.

Energie wird in Fortpflanzung investiert

„Haben sie aber Besseres zu tun, wie Sex, Rivalen abzuwehren und Junge aufzuziehen, unterbleibt die Absenkung und die Körpertemperaturen, Herzschlagraten und Aktivitätsniveaus steigen sogar über den Durchschnitt“, erklärte er. Die Gänse würden also in das investieren, was im Leben wirklich wichtig ist. Dies verbinde sie mit den Menschen.

Vor allem in der Vermehrungszeit waren sowohl die Körpertemperatur als auch die Herzschlagraten besonders hoch. Zum Beispiel bei brütenden Weibchen wurden sehr schnell aufeinanderfolgende Herzschläge gemessen. „Das weist auf entsprechend starke energetische Investitionen in die Fortpflanzung hin“, meinte der Forscher.

Durch Stresshormone gesteuert

In einer früheren Studie habe er schon mit Kollegen beobachtet, dass die Körpertemperatur bei den Gänsen durch Stresshormone gesteuert ist. Wenn „geheizt“ werden muss, wird bei den Vögeln „Kortikosteron“ ausgeschüttet und so der Stoffwechsel angeworfen, erklärte er. Die Körperkerntemperatur wiederum treibe die Herzschlagrate in die Höhe.

Bis jetzt waren solche Reaktionen bei Vögeln noch nicht bekannt, wohl aber bei Säugetieren: Hirsche und Steinböcke reduzieren etwa die Herzschlagraten und Körpertemperaturen als Anpassung bei Nahrungsknappheit und Kälte im Winter und senken somit ihren Energiebedarf. Trotz der erheblichen stammesgeschichtlichen Distanz seien die Regulationsmechanismen bei diesen beiden Tierklassen also sehr ähnlich.

science.ORF.at/APA

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