Epilepsie: Diät zeigte gute Ergebnisse

Fett statt Kohlenhydrate - so lautet das Prinzip der ketogenen Diät. Wenngleich im Alltag wegen ihrer Radikalität umstritten, zeigt sie bei Epilepsie gute Ergebnisse: Die Anfallshäufigkeit geht bei knapp der Hälfte der Erkrankten deutlich zurück, manche leben sogar anfallsfrei.

Rund 80.000 Menschen in Österreich haben Epilepsie, jährlich wird die Krankheit 3.000 Mal neu diagnostiziert - darunter auch bei vielen Kindern und Jugendlichen. Wie oft und heftig bei ihnen „Gewitter im Gehirn“, wie epileptische Anfälle bildhaft genannt werden, auftreten, ist unterschiedlich. In den letzten Jahren wurde intensiv an Epilepsie-Medikamenten für junge Patienten geforscht, trotzdem wirken sie laut Österreichische Gesellschaft für Epileptologie (ÖGfE) bei rund einem Drittel nicht oder haben zu starke Nebenwirkungen. Bei ihnen kommt die ketogene Diät als Alternative in Frage.

Keine Kohlenhydrate, viel Fett

Ketogene Diät heißt: Kaum Kohlenhydrate, dafür viel Fett und genügend Eiweiß. Edda Haberlandt, Vorsitzende der ÖGfE: „Das heißt Banane, Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln, Süßigkeiten - alles, was mit den üblichen Zuckern hergestellt wird, soll nicht gegessen werden.“ Dafür werden Lebensmittel mit vielen „guten“ Fettsäuren konsumiert wie Avocado, grüne Bohnen, Oliven, Rucola, Zucchini und alle Kohlsorten. Auch Käse, Fleisch, Nüsse und Kerne sowie Fisch stehen regelmäßig am Speiseplan. Eine Mangelernährung brauche man nicht zu fürchten, so die Leiterin der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Krankenhaus Dornbirn. Einzelne Mineralstoffe und Vitamine sollten aber zusätzlich eingenommen werden, weil Obst zu süß ist und nicht gegessen werden soll.

Ö1 Sendungshinweis:

Über die ketogene Diät bei Epilepsie berichtet auch das Mittagsjournal am 12.2.2018.

Internationaler Epilepsie Tag:

Vorurteile abbauen und über Behandlung informieren - das ist das Ziel des Internationalen Epilepsie Tags, der jährlich am 12. Februar begangen wird.

Durch den Entzug von Kohlenhydraten stellt sich der gesamte Stoffwechsel um. Um aus Fett Energie beziehen zu können, produziert der Körper sogenannte Ketonkörper, die direkt im Gehirn wirken. Sie können nicht nur krampfende Anfälle verhindern, sondern auch das Gehirn vor freien Radikalen schützen - vor allem bei kleinen Kindern, so Edda Haberlandt: „Bei Kleinkindern werden die entstehenden Ketonkörper drei- bis viermal effektiver verwendet als bei älteren Menschen. Der Zellmetabolismus ist viel empfindlicher und reagiert stärker auf externe Stimuli, so dass gerade in der Zeit zwischen Null und dem 12. Lebensjahr die ketogene Diät einen günstigen Effekt hat.“

„Lohnender“ Aufwand für ganze Familie

Das bestätigen auch Studien (zum Beispiel hier): Demnach reduzieren sich die epileptischen Anfälle bei 40 Prozent der Kinder um die Hälfte, sieben Prozent bekommen gar keine Anfälle mehr. Wichtig ist der Epilepsie-Spezialistin aber festzuhalten, dass die Diät nur mit ärztlicher und diätologischer Begleitung gemacht werden soll - und dass die ganze Familie mitziehen muss: „Die Familie muss gut planen und Nahrungsmittel mitgeben zu Feiern, in den Kindergarten, für das Mittagessen in der Schule etc. Und natürlich kann nicht nur das Kind ketogen essen, die Eltern aber weiterhin kohlehydrat-lastig. Es ist ein Aufwand für die ganze Familie, aber er lohnt sich.“

Auch bei Erwachsenen mit Epilepsie wirkt sich die ketogene Diät positiv aus, so Edda Haberlandt. Ihre Erfahrung zeigt aber: Während Kinder meist kein Problem damit haben, sich an die Regeln zu halten, ist das bei Erwachsenen oft anders. Ihre Ernährungsgewohnheiten haben sich schon so verfestigt, dass ein Leben ohne Süßigkeiten, Brot und Nudeln vielen kaum möglich scheint.

Umstritten bei anderen Krankheiten

Immer wieder wird von Eltern berichtet, dass sie auch bei Autismus gute Erfahrungen mit der ketogenen Diät machen. Die Kinderärztin ist hier vorsichtig: „Es gibt zwar Studien, die zeigen, dass die Aufmerksamkeit der Kinder durch die Ernährungsumstellung gesteigert werden kann. Ich warne hier aber, dass es gerade bei einem Kind mit autistischen Verhaltensstörungen sehr schwierig sein kann, die Diät durchzuführen. Sie muss streng und konsequent sein, ein Tag Inkonsequenz macht den gesamten Effekt zunichte und man beginnt wieder mit einer zumindest dreimonatigen Umstellungsphase.“ Bei verhaltensauffälligen Kindern ist es oft schwierig, diese Konsequenz durchzuhalten - „wenngleich es einen Versuch wert wäre“, so Haberlandt.

Auch bei Krebs wird in Internetforen immer wieder die ketogene Diät empfohlen, und auch hier weisen Studien darauf hin, dass Krebszellen sich gerne von Zuckermolekülen ernähren. Die Österreichische Krebshilfe rät jedoch von speziellen „Krebsdiäten“ ab: Der Effekt sei wissenschaftlich beim Menschen nicht bewiesen, bisher sei nur an Mäusen geforscht worden. Sie rät statt dessen etwa in dieser Broschüre zu einer „ausgewogenen und gesunden Ernährung“.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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