Wie Mikroben auf fernen Welten überleben

Könnten Einzeller in entlegenen Regionen des Sonnensystems überleben? Ein Laborexperiment zeigt: Auf dem eisigen Saturnmond Enceladus stehen die Chancen nicht schlecht - trotz widriger Bedingungen.

Enceladus ist vollständig von einer Eisfläche bedeckt, unter der sich vermutlich ein mondumspannender Wasserozean befindet. Bei den Vorbeiflügen der im Herbst vergangenen Jahres beendeten NASA-Raummission der Sonde „Cassini“ wurden alle wesentlichen Zutaten für Leben entdeckt, neben Wasser auch Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel.

Außerdem wiesen Forscher in den Wassereis-Geysiren, die in der Südpolregion des Mondes kilometerhoch emporschießen, Moleküle wie Kohlendioxid (CO2), Kohlenmonoxid (CO), Methan (CH4), Ammoniak und molekularer Wasserstoff (H2) nach. Letzterer könnte durch hydrothermale Aktivität entstanden sein, die im Inneren des Saturnmondes vermutet wird.

Tiefsee-Mikroben besonders robust

Ein Team um Simon Rittmann von der Universität Wien hat nun versucht, die auf Enceladus vorherrschenden Bedingungen so gut wie möglich nachzubilden. Ziel der Übung war die Beantwortung der Frage: Könnten Mikroorganismen diese widrigen Lebensumstände noch tolerieren?

Geysire auf Enceladus

NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute

Geysire auf Enceladus

Angesichts der in den Enceladus-Geysiren nachgewiesenen größeren Mengen von H2 und CO2 wählten Rittmann und sein Team Mikroben aus der Gruppe der Archaea für ihre Experimente aus. Denn diese nutzen molekularen Wasserstoff und Kohlendioxid als Energie- und Kohlenstoffquelle.

Auf der Erde gedeihen solche Mikroorganismen in der Tiefsee, ohne Sonnenlicht, nur von heißen Quellen, CO2 und H2 und anderen anorganischen Substanzen versorgt. In den Experimenten erwies sich „Methanothermococcus okinawensis“, ein Archaea-Stamm aus der japanischen Tiefsee, als besonders robust.

Experiment: Hemmstoffe plus hoher Druck

Gemeinsam mit Kollegen der Uni Linz setzten die Wiener Forscher Reinkulturen dieser Mikroben immer schwierigeren Bedingungen aus: Zuerst untersuchten sie, wie die Organismen mit verschiedenen gasförmigen Hemmstoffen („Inhibitoren“) zurechtkommen, etwa mit Kohlenmonoxid oder Ethen.

Dann kamen flüssige Inhibitoren dazu, etwa Formaldehyd oder hohe Ammoniumkonzentrationen - zunächst alleine, später in Verbindung mit den gasförmigen Hemmstoffen. All dies fand bei optimalen Wachstumstemperaturen (65 Grad Celsius) statt, dann wurde auch der Druck variiert.

Resultat: Unter optimalen Bedingungen hielt der Archaea-Stamm selbst einem Druck von 90 bar stand. Sogar bei einer Kombination aller Inhibitoren und einem Druck von 50 bar waren die Mikroben noch immer aktiv. „Es ist äußerst faszinierend, dass dieser Organismus unter diesen Bedingungen noch immer Methan produziert “, sagt Rittmann.

Gesucht: Fingerabdruck des Lebens

Neben den Experimenten im Labor führten Forscher aus Hamburg und Bremen auch Simulationen durch, um die chemisch-physikalischen Bedingungen nachzustellen, wie sie vermutlich unter der dicken Eisschicht von Enceladus vorherrschen. Demnach könnte selbst bei niedrigen Temperaturen ein geochemischer Prozess („Serpentinisierung“) genügend molekularen Wasserstoff freisetzen, um den Mikroben als Energielieferant zur Verfügung zu stehen.

Die Forscher gehen davon aus, dass methanogene Mikroben auch auf Enceladus vermehrungsfähig wären. „Ein Teil des in den Wassereis-Geysiren nachgewiesenen Methans könnte daher biologischen Ursprungs sein“, sagt Rittmann. Die Autoren räumen aber ein, dass das Methan auch abiotisch, also ohne Beteiligung von Mikroben entstanden sein könnte. Welche von beiden Möglichkeiten zutrifft, sollen nun weitere Untersuchungen zeigen. Hinweise auf Leben könnten etwa die Isotopenverhältnisse von CO2 und CH4 geben.

science.ORF.at/APA

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