Antike Umweltbelastung bis heute nachweisbar
Michael Wagreich von der Universität Wien und Erich Draganits von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien haben in ihrer Arbeit Daten zusammengeführt, die einen relativ weiten Blick in die Vergangenheit erlauben, etwa Eisbohrkerne, Sedimente aus Gewässern oder Proben aus Mooren. Dabei gingen sie der Frage nach, wann sich umweltverändernde Aktivitäten durch Menschen erstmals großflächiger nachweisen lassen.
Es gebe zwar Theorien, wonach sich schon der Aufstieg des Ackerbaus vor 8.000 bis 10.000 Jahren in der atmosphärischen CO2-Konzentration ablesen lasse, sagte Wagreich im Gespräch mit der APA - doch das sei „sehr umstritten“.
Studie
„Early mining and smelting lead anomalies in geological archives as potential stratigraphic markers for the base of an early Anthropocene“, The Anthropocene Review (7.2.108).
Spuren aus der Bronzezeit
Die Wiener Forscher verweisen auf Proben aus Europa und Nordamerika, wo man mehrfach fündig wurde. So zeigen sich bereits ab der Bronzezeit erhöhte Konzentrationen von Schwermetallen wie Kupfer und Blei. Die Wissenschaftler gehen davon aus, „dass das ein erstes messbares Signal ist, das in mehreren geologischen Archiven - also unterschiedlichen Sedimenten - nachweisbar ist“.
Dieser Befund fällt zeitlich mit dem Aufstieg des Metall-Verhüttungswesens zusammen. Das älteste Signal ist etwa 3.200 bis 2.500 Jahre alt und lässt sich der phönizisch-griechischen Kupfer- und Silberproduktion zuordnen. Erstaunlicherweise zeigten sich gegenüber dem natürlichen Bleigehalt dreifach erhöhte Bleiwerte in Eisbohrkernen aus dem arktischen Kanada und in Grönland.
Antike: Bleiwerte verfünffacht
Vor rund 2.000 Jahren intensivierten dann die Römer ihre Metallproduktion - vor allem im heutigen Spanien. In Bohrkernen schlug sich das bereits in fünffach erhöhten Werten nieder. Aufgrund der Isotopenzusammensetzung des Bleis lasse sich auf eine Herkunft von der Iberischen Halbinsel rückschließen. „Die Verschmutzung durch Blei und andere Metalle wurde nicht nur durch Flüsse verbreitet, sondern auch in der Atmosphäre in Form von Aerosolen, die vor allem bei der Metallerzeugung, dem Rösten bzw. Verhütten des metallführenden Erzes entstanden sind“, so Draganits in einer Aussendung.
Dass eine derart weite Verbreitung möglich war, „wollten wir in unserer Zusammenschau auch zeigen“, so Wagreich. Global verteilt wurden die Metallspuren allerdings damals nicht. „Das hat sich auf den europäischen und nordamerikanischen Raum beschränkt.“
Nicht vergleichbar sind die damaligen Konzentrationen auch damit, was sich besonders durch das verbleite Benzin in den 1950er Jahren in der Umwelt angesammelt hat. Messdaten aus einem Schweizer Moor zeigen etwa, dass dort im Vergleich zur Antike rund dreißig Mal mehr Blei eingetragen wurde.
Wann begann das Anthropozän?
Wagreich will nun anhand von Proben, die derzeit in Österreich gezogen werden, genauere Rückschlüsse auf den frühen Kupferbergbau in den Alpen ziehen. „Man weiß, dass das einen Einfluss auf die nähere Umgebung gehabt hat.“ Ob das großräumiger nachweisbar ist, wird nun analysiert.
Eine internationale Arbeitsgruppe, an der Wagreich beteiligt ist, beschäftigt sich seit längerem mit der „Einführung“ des Anthropozäns als neues Erdzeitalter. Am ehesten kommen als dessen Beginn die 1950er Jahre infrage, da hier die ersten weltweiten Nachweise von durch Atombombenversuche freigesetzte Radionuklide erbracht wurden.
Die nunmehrige Publikation soll einen Beitrag dazu leisten, dass es auch lange davor schon „Umweltverschmutzung gegeben hat, die durchaus bedeutendes Ausmaß erreicht hat“, so Wagreich. Von einer Art „frühem Anthropozän“ würde in Fachkreisen auch bereits gesprochen.
science.ORF.at/APA