Kleinlabor: Antibiotika-Test im Zelt

Multiresistente Keime befinden sich auf dem Vormarsch. Besonders problematisch ist die Situation in armen Ländern: Forscher arbeiten nun an einem Kleinlabor, das überall eingesetzt werden kann. Auch im Zelt.

Hohe Temperaturen, Schmutz, Feuchtigkeit und eine unsichere Stromversorgung. Unter solchen Bedingungen funktionieren moderne, automatisierte Labors und Tests nicht, mit deren Hilfe man feststellen könnte, von welchem Keim ein Patient betroffen ist und wie viel von welchem Antibiotikum verabreicht gehört, erklärt der Mikrobiologe Jean Baptiste Ronat von „Ärzte ohne Grenzen“ in Paris. Er und sein Team versuchen ein Verfahren zu entwickeln, das auch bei widrigen Verhältnissen funktioniert.

Alte Methoden als Lösung

Dafür bedienen sich die Forscher an alten, nicht-automatisierten Methoden, die in der westlichen Welt nicht mehr angewendet werden. Wie etwa die Castaneda-Methode, mit der das Blut manuell mithilfe einer Kultur auf Krankheitserreger untersucht werden kann.

Ronat und sein Team wollen Methoden wie diese und die dafür notwendigen Geräte nun so adaptieren und kombinieren, dass sie einfach zu bedienen sind und eine möglichst schnelle und leicht zu interpretierende Diagnose ermöglichen.

Kenia: Junge Frau untersucht Blutproben

Patrick Meinhard

Analysen in Kenia, 2017

„Wir versuchen die Methoden auf Fälle von bakteriellen Blutvergiftungen zu reduzieren, die in ressourcenarmen Ländern sehr häufig sind.“ In maximal 48 Stunden soll das Ergebnis dann vorliegen, so Ronat. Derzeit arbeiten die Forscher an einem ersten Prototyp, der im Laufen des Jahres fertig sein soll. Letztlich soll das Kleinlabor in einige Boxen passen und mit Batterie oder Solarenergie betrieben werden, so der Mikrobiologe, der das Projekt leitet.

„Egal ob man in einem Zelt oder kleinen Raum ist: Man soll die Boxen aufmachen und alles Notwendige bereit haben. Vom Wärmeschrank bis zur Zentrifuge. Man braucht nicht einmal saubere Hände zu haben.“

Eingesetzt werden soll dieses transportable Kleinlabor vor allem in Ländern Asiens, im Nahen Osten sowie Teilen Afrikas. Hier seien manche Regionen besonders von Antibiotika-Resistenzen betroffen, da Antibiotika mangels funktionierender Labore unvernünftig eingesetzt werden - zudem gebe es viele gefälschte Antibiotika auf dem Markt, so der Forscher.

Resistenzen: Globales Problem

Das heißt also, es wird entweder das falsche Antibiotikum verabreicht oder zu viel bzw. zu wenig davon. Dadurch werden Erreger gegenüber den Medikamenten unempfindlich. Heute heilbare Infektionen wie Harnwegsentzündungen oder Atemwegsinfektionen können dadurch lebensbedrohlich werden, beschreibt Ronat das globale Problem.

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Lana Abramova

Kleinlabor in Tschetschenien, 2017

Wie österreichische Mediziner kürzlich auf einer Tagung der Österreichischen Apothekerkammer erklärten, rechnen sie in Asien im Jahr 2050 mit 4,7 Millionen Todesfällen aufgrund von resistenten Keimen. In Europa dürften es 390.000 sein. „In Afrika ist das ebenfalls ein wachsendes Problem, hier haben aber nicht alle Regionen Zugang zu Antibiotika. Es fehlen größtenteils noch die Daten“, so der Mikrobiologe.

Das Kleinlabor soll in etwa zwei Jahren auf den Markt kommen und 10.000 Euro kosten. Eine Diagnose bzw. ein Antibiotikatest soll dann für umgerechnet 10 Euro möglich sein, so Ronat. „Wir wollen einfach so schnell wie möglich eine Lösung für diese Länder bereitstellen. Es werden natürlich gerade viele neue Methoden entwickelt. Wenn möglich werden wir diese künftig auch einbauen.“

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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