Dem Hasen auf der Spur

Zu Ostern sind Hasen und Kaninchen allgegenwärtig. Wie sie zum festen Bestandteil unserer Kultur wurden, haben Forscher nun untersucht. Die Domestizierung scheint viel früher und ganz anders erfolgt zu sein als bisher angenommen.

Im Supermarktregal liegen die Osterhasen stapelweise in allerlei Farben verpackt: Manche sehen eher Feldhasen ähnlich mit langen Hinterbeinen und großen Ohren, andere eher Kaninchen, mit zarterem Körperbau. Rein biologisch ist das einerlei. Sowohl Feldhase als auch Hauskaninchen gehören zur Familie der Hasen. Wann diese Hasen zum Begleiter des Menschen wurden, schien eigentlich schon geklärt. In der Wissenschaft wie unter Hobbyhistorikern war man der festen Meinung, dass das um das Jahr 600 geschehen ist.

Zu dieser Zeit erließ Papst Gregor I. ein Edikt, wonach Föten von Kaninchen („Laurices“) kein Fleisch seien, sondern Meeresgetier - und deshalb auch während der Fastenzeit gegessen werden dürfen. Um die kargen Tage der Abstinenz zu überdauern, fingen Mönche in Frankreich daraufhin wilde Kaninchen und züchteten sie in Kisten. Das also soll der Anfang der Domestizierung des Hasen gewesen sein.

Ein Feldhase sitzt auf einer Wiese

APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner

Ein Feldhase im Frühling

Gentest und Literaturrecherche

Der Archäologe Greger Larson von der Universität Oxford und sein Team sind dieser Theorie nun nachgegangen und wollten sie eigentlich bestätigen. Dazu haben sie in einem ersten Schritt den Zeitpunkt ermittelt, an dem sich moderne wilde Kaninchen und Hauskaninchen genetisch auseinanderentwickelt haben.

Dieser lag nicht um 600 nach Christus, sondern am Schluss der letzten Eiszeit, vor etwa 12.200 bis 17.700 Jahren. Dieses Ergebnis sagt aber noch nichts über die Domestizierung aus, so Larson. „Vielmehr zeigt es Veränderungen in der Natur oder sonstige Umstände an, auf die die Kaninchen reagiert haben.“

Die Studie

„Rabbits and the Specious Origins of Domestication“, Trends in Ecology and Evolution, 14.2.2018.

Ö1-Sendungshinweis

Diesem Thema widmet sich am 30.3. auch „Wissen aktuell“ um 13.55 Uhr.

Die Forscher recherchierten weiter und suchten nach Hinweisen über die Zähmung der Hasen. Was sie fanden, waren unterschiedliche Puzzleteile, die alle die Geschichte von der Jagd und Haltung von wilden Hasen erzählen. So wurden archäologischen Funden zufolge Kaninchen bereits vor 15.000 Jahren in Spanien und im Südwesten von Frankreich gejagt, Schriften berichten wiederum, wie Römer bereits im ersten Jahrhundert Hasen gefangen hielten und Menschen sie im Mittelalter als Delikatesse quer über Europa transportierten, ehe sie um das 17. Jahrhundert zum Haustier wurden.

Aus all diesen Hinweisen aus archäologischen Funden und historischen Aufzeichnungen lässt sich aber nicht eruieren, wann der Mensch nun anfing, Hasen bewusst zu zähmen. „Es gibt eine lange Historie, in der Menschen Hasenpopulationen manipuliert und einen Selektionsdruck ausgeübt haben. Wann hier allerdings genau die Domestizierung stattgefunden hat, ist schwer auszumachen“, so Larson.

Geht es nach dem Forscher, gibt es nicht den einen einzigen Zeitpunkt dafür. „Kein Mensch ist in der Geschichte hergegangen und hat gesagt, ich mache aus einem wilden nun ein zahmes Tier, und voila, schon haben wir den Moment.“ Vielmehr seien diese unterschiedlichen Puzzleteile der Beweis dafür, dass die Domestizierung von Hasen ein langsamer Prozess gewesen sei.

Ein Zwergkaninchen beim Schnuppern

APA/dpa-Zentralbild/Arno Burgi

Zwergkaninchen beim Schnuppern

Irrtum mit langer Tradition

Was die Geschichte von Papst Gregor I. anbelangt - sie erwies sich letztlich als Irrtum. Denkbar ist es jedoch, dass der Geschichte ein Irrtum zugrunde liegt. So haben die Forscher Aufzeichnungen aus dem 6. Jahrhundert gefunden, in denen der Bischof Gregor von Tours (nicht zu verwechseln mit Papst Gregor I.) von einer kranken Person berichtet, die während der Fastenzeit Kaninchenföten verspeist hatte und wenig später verstorben war.

Aus dem Schreiben geht allerdings weder hervor, dass Kaninchenessen zu dieser Zeit üblich war, noch dass es sich bei dieser Person um einen Christen handelte, wie Larson und sein Team schreiben. Vielmehr scheint dieses Detail 1936 der deutsche Genetiker Hans Nachtsheim in seinem Buch „Vom Wildtier zum Haustier“ hinzugefügt zu haben.

Laut Larson nahm der Irrtum von da an seinen Lauf. „Es wundert mich aber heute, dass niemand die Geschichte von Papst Gregor früher überprüft oder infrage gestellt hat“, sagt der Forscher - und gibt zu, dass er sie selbst in der Vergangenheit zitiert hat.

Ruth Hutsteiner, Ö1-Wissenschaft

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