Neandertaler war ein Superatmer

Nach heutigen Begriffen hatte der Neandertaler wohl die Konstitution eines Leistungssportlers. Untersuchungen seiner Schädelanatomie zeigen: Er besaß ein extrem hohes Atemvolumen.

In der Analysen ging es um die deutlichen Formunterschiede der Gesichter von Neandertalern und modernen Menschen. Die bisher verbreitete Annahme, dass die Neandertaler mit ihren kräftigen Kiefern und vergleichsweise breiten Nasenlöchern und Nasen besondere Bisskraft hatten, ließ sich dabei nicht bestätigen.

Die Druckmodelle am Rechner zeigten jedenfalls keine signifikanten Unterschiede. Wissenschaftler waren zuvor davon ausgegangen, dass Neandertaler besonders kräftig zubeißen konnten, da vor allem Vorderzähne bei erwachsenen Neandertalern starke Abnutzungserscheinungen aufwiesen.

Überlegene Sauerstoffaufnahme

Dagegen zeigten Computersimulationen, dass die Neandertaler erheblich mehr Luft beim Atmen aufnehmen konnten. Bei ihren Untersuchungen verglichen die Forscher Strömungsberechnungen zur Atemluft von Neandertalern, aber auch modernen Menschen aus verschiedenen Klimaregionen - Inuit ebenso wie Menschen aus tropischen Regionen.

„Wenn ein Neandertaler eingeatmet hat, konnte er ein wesentlich größeres Luftvolumen einatmen“, sagte Ottmar Kullmer vom Senckenberg Institut für Naturforschung in Frankfurt, zu dessen Forschungsschwerpunkten die Evolution des Menschen gehört.

„Damit konnte er einen höheren Sauerstoffgehalt aufnehmen - und das kommt der Muskulatur zugute, zumal bei körperlichen Aktivitäten wie der Jagd.“ Auch der Homo heidelbergensis, so ergaben die Berechnungen, konnte mehr Luft einatmen als der moderne Mensch. „Aber der Neandertaler konnte noch mal mehr Luft einatmen mit weniger Atemzügen.“

Tagesumsatz: Über 4.000 Kalorien

Die körperlich gedrungenen, sehr muskulösen Neandertaler hätten für die Jagd einen hohen Energiebedarf gehabt, der so gesichert werden konnte. Berechnungen gehen von einem täglichen Bedarf von 3.360 bis 4.480 Kalorien bei den Neandertalern aus - gerade in den nördlichen, kühleren Gebieten. Auch eine Anpassung an kalte Witterungsverhältnisse durch eine schnellere Erwärmung der eingeatmeten Luft ließ sich mit den Computerberechnungen bestätigen.

science.ORF.at/dpa

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