„Klebe-Tattoo“ misst den Herzschlag

Normalerweise findet man sie als Beilagen in Comicheften und Kaugummipackungen - ein neues „Klebe-Tattoo“ von der TU Graz hat hingegen medizinische Zwecke: Es kann den Herzschlag von Patienten messen.

Die Idee für seine ungewöhnliche Methode hat der Grazer Materialwissenschaftler Francesco Greco eigentlich von seiner Tochter: „Als Fünfjährige war meine Tochter ein großer Fan von ‚Tätowierungen‘, die man sich auf die Haut kleben kann. Ich habe damals versucht, ihr zu erklären, was ich im Labor mit dünnen Polymerschichten mache“, erzählt Greco gegenüber science.ORF.at. „Sie antwortete: ‚Das ist doch wie meine Abziehbilder.‘“

Forscher Francesco Greco trägt ein medizinisches "Klebe-Tattoo" auf der Stirn

Lunghammer - TU Graz

Der Forscher und seine Erfindung

Womit sie recht behielt. Greco bemerkte, dass handelsübliches Abziehpapier tatsächlich ein guter Untergrund ist, um leitfähige Polymere entsprechend dünn auftragen zu können.

Elektrode aus dem Drucker

Das so entwickelte „Klebe-Tatto“ will Grecco für die Überwachung von Körperfunktionen einsetzen. Wie er nun im Fachblatt „Advanced Sciences“ berichtet, wird das leitfähige Polymermaterial mit einem ganz normalen Tintenstrahldrucker aufgebracht und kann aufgrund seiner Leitfähigkeit elektrische Veränderungen wahrnehmen. Also zum Beispiel jeden Herzschlag, wo sich die Spannungsveränderung auch an der Hautoberfläche messen lässt.

Das Abziehbild ist langlebiger und flexibler als normale Elektroden, die mit Gel auf die Haut gebracht werden, weil der Nanofilm hauchdünn auf der Haut bleibt, Bewegungen mitmacht und nicht austrocknet. Das Tattoo passt sich außerdem an Unebenheiten der Hautoberfläche an. Auch wenn klinische Studien noch ausstehen, zeigt sich der Materialwissenschaftler optimistisch, was Zuverlässigkeit und Verträglichkeit angeht.

Interface zwischen Mensch und Maschine

Die Herstellungskosten liegen derzeit bei etwa einem Euro pro „Klebe-Tattoo“. Greco hofft, dass seine Methode die oft nur einige Stunden einsetzbaren Gelelektroden bei Langzeitmessungen der Herzfunktion ersetzen werden. Außerdem lassen sie sich für jede Körperstelle präzise anpassen – und auch jede Körpergröße: So könnte man selbst für Frühgeborene schnell passende Polymer-Elektroden drucken.

Sendungshinweis

Über dieses Thema berichtet heute auch „Wissen aktuell“ (5.4.2018).

Als nächstes will Greco Tattoos entwickeln, die drahtlos ausgelesen werden können. Das würde sie als Schnittschnelle zwischen Mensch und Maschine interessant machen. Etwa für die Steuerung von Armprothesen oder als Interface zur Elektronik: Forscher der TU Graz verwenden bereits jetzt Gehirnströme, um Computerspiele zu steuern – eine Zusammenarbeit mit der „Tattoo“-Forschungsgruppe ist bereits in Planung.

Isabella Ferenci, science.ORF.at

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