Wie man mit Registerdaten forscht

Registerdaten stehen seit gestern im Zentrum einer heftigen politischen Kontroverse. Denn die Forschung hätte gerne mehr Zugriff auf Datenbanken von Ministerien und anderen Behörden. Nun schaltet sich eine neue Plattform in die Debatte ein.

Vom Arbeitsmarkt über die Pflege bis hin zur Bildung - die Bandbreite der Forschungsthemen, für die die Wissenschaft Zugang zu Datenbanken der öffentlichen Hand haben möchte, ist groß. Bisher ist die Forschung oft auf die Daten der Statistik Austria angewiesen, die allerdings nur aggregiert, also schon zusammenfasst, vorliegen.

„Durch das Zusammenfassen der Daten werden sie natürlich anonym, aber sie verlieren auch an Informationsgehalt“, sagt Gerhard Schwarz, Jurist am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und Vertreter der sich formierenden „Plattform Registerforschung“. „Die Wissenschaft - von den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften bis hin zur Medizin - verfügt heute über derart ausgefeilte statistische Methoden, dass es Verschwendung ist, die Daten nicht nutzen zu können.“ Das sei, wie wenn man mit einer Lupe suchen würde, wo es doch ein Rasterelektronenmikroskop gibt, so Schwarz.

Server: an Laufwerken angeschlossene Computerkabel

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Registerdaten: Rohstoff der Wissenschaft - oder Grundlage für Missbrauch?

Beim Thema Verwaltungsdaten für die Wissenschaft seien andere europäische Länder viel freizügiger: „In Deutschland, Dänemark, Finnland und Deutschland hat die Wissenschaft einen viel freieren Zugang zu Statistikdaten, auch zu personenbezogenen Daten - natürlich unter strengen Auflagen, der Datenschutz muss immer gewahrt bleiben.“

Grundlage evidenzbasierter Politik

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema Registerforschung hat heute auch das Mittagsjournal berichtet.

Der Wissenschaft geht es aber nicht nur um Informationen zu Personen, sondern auch zu Unternehmen. Derzeit lasse sich teilweise nicht überprüfen, ob wirtschaftspolitische Maßnahmen tatsächlich wirken, beschreibt Harald Oberhofer, der an der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Wifo genau daran arbeitet. Als Beispiel nennt er die Forschungsprämie: „Wir geben relativ viel Geld aus, um Unternehmen zu Forschung und Entwicklung zu motivieren. Wir können aber nicht auf die Daten zugreifen, um hochwertige Aussagen über die Effektivität dieser Maßnahme zu treffen.“

Ob diese steuerliche Begünstigung für Unternehmen also tatsächlich dazu führt, dass sie mehr forschen, weiß man schlicht nicht, denn es gibt für die Forschung keinen Zugang zu Unternehmensdaten - auch nicht über die Statistik Austria. Einen Mangel an evidenzbasierter Politik, an Politik auf Basis von Zahlen und Fakten, nennt das der Wirtschaftsforscher.

Auch Forschungsförderungsinstitutionen melden sich zu Wort, etwa der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF). Geschäftsführer Michael Stampfer hält gegenüber Ö1 fest: „Wir sprechen uns klar für Erleichterungen für die Registerforschung aus - auch im Sinn des Forschungsstandorts Wien und Österreich, der in einem europäischen Wettbewerb steht.“

Unternehmen als Forschungsorganisationen?

Alle sind sich aber einig, dass Maßnahmen gegen Missbrauch wichtig sind. Wirtschaftsforscher Harald Oberhofer: „Im Kern geht es darum: Wer darf mit den Daten arbeiten, wo müssen sie gespeichert sein, wer hat Zugang - und es gibt natürlich auch technische Sicherungsmaßnahmen, die getroffen werden müssen, damit diese Daten nicht an Unbefugte weitergegeben werden können.“

Datenschützern gehen diese Vorgaben nicht weit genug - vor allem, wenn sich Unternehmen als Forschungseinrichtungen anerkennen lassen und dann ebenfalls weitreichenden Zugriff auf Daten haben. Auch das sieht die Novelle zum Forschungsorganisationsgesetz vor.

Elke Ziegler, Ö1-Wissenschaft

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